Marigot Bay, Insel Saint Martin, Ende April 2015
Alle Fahrtensegler laufen irgendwann mit bestimmten Visionen von zu Hause aus, teilweise mit sehr ambitionierten Vorhaben, manchmal mit eher schrägen Ideen, aber fast immer mit bestimmten Vorstellungen. Nicht immer entspricht die Realität diesen Träumen und manches muss unterwegs neu bewertet werden. Oft ändert man sich im Laufe der Zeit auch selbst ein wenig, oder zumindest seine Wünsche.
Hier in der Karibik lernen wir viele Menschen kennen, die ihre Situation neu überdenken, sei es freiwillig, oder auch gezwungenermaßen. Meist sind es Paare der “B-Jugend”, in langjähriger oder neuer Beziehung. Seltener treffen wir ganz junge Leute, voller Begeisterung, vielleicht etwas naiv, aber extrem anpassungsfähig, bescheiden und nicht unterzukriegen, die auf teilweise winzigen Schiffchen ohne jeden Komfort und an der Grenze der Seetüchtigkeit, so tapfer von Job zu Job tingeln. Im Großen und Ganzen scheint die Blüte der Hippiezeit auf den Meeren aber vorbei zu sein. Auch die Möglichkeit, überall in Frieden und gratis Station zu machen, hat sich seit den Jahren eines Bernard Moitesssier wohl verändert. Natürlich ist auch die Gegend hier nicht repräsentativ für die ganze Welt.
Heute legen die meisten Fahrtensegler Wert auf einen gewissen Mindestkomfort, sichere Liegeplätze, gute Kommunikation mit der Heimat und wenn möglich auch hin und wieder einen Heimflug. Die Boote sind meist groß, technisch anspruchsvoll und teuer. Das ist auch ein Hauptgrund, warum sich die meisten wirtschaftlich sehr nach der Decke strecken müssen. Auf den Hauptrouten ist das Leben für “Bootsgammler” einfach zu teuer geworden, oder man ist nicht bereit, die Härten eines solchen Lebens in Kauf zu nehmen.
Wenn man davon auf den Antillen manchmal etwas enttäuscht ist, hört man von erfahrenen Seglern immer wieder:” Ja, dann mußt Du halt in den Pazifik gehen. Dort gibt’s noch immer einsame Inseln”.
Auf vielen Booten wird darüber diskutiert, aber es hilft halt nichts: das Schiff für die Cyclon-Season in Polynesien zu lassen oder von dort im Notfall kurz nach Hause zu fliegen ist ohne solides Budget einfach nicht möglich. Ob man wirklich 6000 Meilen segeln will, um dann wieder am Palmenstrand zu ankern, ist nicht gewiß, genauso wenig wie die Tatsache, dass das Boot durchhalten und man selbst dort gesund und glücklich sein wird. Außerdem ist da noch der lange Heimweg rund um Afrika, den die Piraten im Roten Meer notwendig machen.
All das ist eigentlich zu bewältigen, und wahrscheinlich ist das Problem viel einfacher: wir sind einfach nicht mehr 20!
Diese Entscheidungen müssen jedenfalls hier getroffen werden, denn ab Panama befindet man sich auf einer Einbahnstraße und dann geht’s nur mehr Richtung Westen zurück.
Da wir zu Hause bei weitem nicht alles erledigt haben, Teilzeitbetreuung der Oma vereinbart ist, und wir uns Flüge von Tahiti nicht leisten können, wollen wir uns also im Moment noch nicht allzu weit von Österreich entfernen und übernächste Woche zu den Azoren auslaufen. Vielleicht dort auch ein Jahr verbringen. Schau’ma mal! Außerdem können wir Euch alle und die Kinder hin und wieder besuchen, bzw. öfter mal Freunde (Euch!), die wir in der Karibik verpaßt haben, an Bord begrüßen.
Uli hätte sich so gerne eine Weltumsegelung ins Buch geschrieben! Es paßt aber einfach noch nicht. Vielleicht können wir ja später nochmal einen Anlauf nehmen.
Liebe Grüße an alle
Uli & Peer
PS auf jeden Fall werden wir vor der Abfahrt noch über die letzten Wochen berichten