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August, 2015:

hier gibt es sie noch

…die kleinen, feinen Handwerksbetriebe

Der Tischler schneidet beim Baumarkt Bröselplatten zu, der Mechaniker rennt mit dem Laptop durch die Gegend und rechnet uns vor, dass sich eine Reparatur sowieso nicht auszahlt, der Bäcker steht am Schaltpult und kriegt vom Controlling eins auf den Deckel, weil er Mehl für seine Hände verschwendet, der Schlosser ist gerade auf CNC-Schulung und der Gärtner meldet Transportschäden an die Versicherung; sogar der Arzt tippt mit zwei Fingern die Daten seines Patienten in den Computer und verbringt damit mehr Zeit als mit der Anamnese.

Zu Hause fällt uns das kaum mehr auf. Auch nicht, dass nur mehr wenige dieser Menschen wirklich Freude an ihrer Arbeit haben und ihr Werk mit Stolz betrachten.

Hier auf Terceira ist das noch anders. Die Stadtbilder sind noch nicht so stark von den bei uns allgegenwärtigen Logos weniger Filialketten geprägt. Es macht Spaß, in die Eingänge der vielen verschiedenen kleinen Betriebe zu schauen und die Menschen bei ihrer Arbeit zu beobachten. Die oft längeren Kundengespräche gehen meist weit über das geschäftlich Notwendige hinaus. Irgendwie können auch solche Kleinstbetriebe offensichtlich ihre Betreiber ernähren, auch wenn man uns in Österreich seitens der Politik und der Medien gerne das Gegenteil weismachen will.

 

Etwas schräger erscheint da schon der fest in chinesischer Hand befindliche Handel mit Ramsch aller Art. Auch das sind Familienbetriebe, aber die Produkte (T-Shirts um 2,50 oder Fahrradpumpen um 1,60) überleben kaum den Heimweg. Hier herrschen wieder “modernere” Verhältnisse: zuerst wird das Angebot erstellt, und danach der Bedarf dafür, den’s vorher gar nicht gegeben hat, an den Haaren herbeigezogen. Der größte Kostenanteil bei diesen Waren dürfte im Transport liegen. Langfristig werden dabei natürlich unglaubliche Mengen von Ressourcen verschleudert und entsprechend Müll produziert.

 

Wir wollen versuchen, etwas teurer, dafür aber weniger einzukaufen!

Wir bleiben in Kontakt

Uli & Peer

Die Aquanauten

…ein netter Besuch aus der fernen steirischen Heimat

Trotz recht engem Terminplan haben sich Viktoria, Bernhard, Helga und Crew auf ihrer schnellen, großen Atlantikrunde Zeit für einen kurzen Stop bei uns genommen, nachdem sie die rund dreieinhalbtausend Meilen von Lignano hierher mit ihrer stolzen “Aqua” bei durchaus durchwachsenen Bedingungen in einem guten Monat absolviert haben. Für diese Distanz brauchen wir normalerweise ein Jahr! Auf jeden Fall hängt jetzt in “Peters Café Sport” in Horta wieder ein nagelneuer NCA-Stander.

Schön, ihre Leinen zu übernehmen, dann bei gemütlichem Tratsch viele Neuigkeiten aus der Heimat zu erfahren und das gute Abendessen, das Uli für alle vorbereitet hat, gemeinsam zu genießen.  Natürlich reicht die Zeit nicht für ausführliche gemeinsame Besichtigungen auf Terceira, aber immerhin erleben wir zusammen einen lustigen Abend bei einer internationalen Folklore-Veranstaltung.

Die Beneteau First 45 “Aqua”, ein sportliches Boot mit Rod-Rigg und ohne jegliche Rollsegel, wird meist für Ausbildung, Trainings und Langfahrten eingesetzt und das nicht nur im Rahmen “unseres” Segelclubs NCA. Ihre Route wird sie weiter zu den Tidengewässern von Frankreich führen, wo demnächst einigen FB4-Prüflingen der Kopf gewaschen werden soll.

Sollte jemand von Euch Interesse an einer Langstrecke (ev. sogar mit Astronavigation!) haben, so findet Ihr hier Informationen und den Blog der “Aqua”: http://www.aqua-sailing.at/

Leider gibt’s bei ihrer Abreise Dreckswetter und die Grib-Files versprechen dem Skipper und der verbleibenden Crew für den ersten Teil der Transatlantik-Strecke, wieder einmal bis auf die Unterhosen nass zu werden. Naja, sie sind Kummer gewohnt und demnächst soll sich’s ja ändern.

Wir sagen danke für den Besuch, wünschen “alltime fair winds” und freuen uns auf ein Wiedersehen im Winter in Graz

Liebe Grüße an alle

Uli & Peer

 

 

the voyage of the “Lua”

…oder was ist “angemessener Bergelohn” eigentlich?

 

Sein Name ist Dino und schon seit frühester Jugend träumt er davon, einmal von seiner Heimat Terceira loszusegeln und ausgerechnet Island zu umrunden.

Irgendwann ist es dann soweit: er hat lange gespart, sich ein starkes Boot aus Aluminium organisiert, es auf den Namen “Lua” getauft, von seiner Familie Abschied genommen und läuft schließlich gut ausgerüstet und motiviert in den hohen Norden aus. Allein!

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Westlich der Hebriden gerät der junge Seemann in einen furchtbaren Sturm, das Boot verliert sein Ruder und er muss den schweren Entschluß fassen, seine Lua aufzugeben und sich abbergen zu lassen.

Einige irische Fischer, die das Drama am Funk mitverfolgt haben, machen sich, nachdem sich das schlimmste Wetter beruhigt hat, auf die Suche nach der Yacht. Sie finden sie bald, etwas ramponiert, aber doch auf dem aufgewühlten Atlantik treibend, und schleppen sie in einen Hafen. Sie kontaktieren Dino, um ihm seine geliebte Lua zurückzugeben und antworten auf seine Frage nach dem Bergelohn, dass sie sich über 1.100 Pfund oder Euro freuen würden, da 11 Personen mitgeholfen haben, die Yacht zu retten und ihnen 100 Pfund pro Person angemessen erscheinen würden.

Von wegen Versicherung, Gerichtsverhandlung, Lloyd-Formulare und Entschädigung bis zur Höhe des Bootswertes! Frag’ nicht, was die anderen für Dich tun können, sondern…

 

Liebe Grüße

Uli & Peer

 

Profis für große Tiere

…ein Job mit Verantwortung

Aus über 3000 Meter Wassertiefe erheben sich die Gebirge der Azoren bis an die Oberfläche. An ihren steilen Unterwasserhängen stauen sich die großen Strömungen des Atlantiks und bringen so Unmengen von Nährstoffen aus der Tiefe mit nach oben, die Grundlage für eine reiche Nahrungskette, vor allem für den sogenannten “Krill”, winzige Krebstiere, die zum Plankton gehören und hier in Myriaden vorkommen. Krill ist die Lieblingsspeise aller Bartenwale, aber auch große zehnarmige Tintenfische, auf die die Pottwale in bis zu 2000 Meter Tiefe so gerne Jagd machen, kommen hier häufig vor. Es ist also ein Paradies für Finnwale, Seiwale, Blau- und Buckelwale, viele Arten von Delphinen, ganzjährig und sehr häufig Pottwale, sowie manchmal auch Orcas. Auf diese gilt es aufzupassen.

Paulo und sein Team von “OCEAN EMOTION” hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese wunderbaren Tiere allen Gästen bei Fahrten auf seinen Booten zu zeigen und näherzubringen, sie aber dennoch nicht zu belästigen oder durch zu intensive Besuche zu vertreiben.

Die Mannschaft:

Paulo Fernandes, Eigentümer und Skipper, mit seiner Frau Sofia und Tochter Mariana als Unterstützung, Breno, Meeresbiologe, Ricardo, Meeresbiologe und Ausguck, und Soraia, die im Büro nach dem Rechten sieht.

 

Das ist nicht einfach und erfordert sehr strenge Spielregeln, die überall auf den Azoren gelten. Whalewatching ist nicht unumstritten, aber die Begegnung mit den großen Meeressäugern ist für (fast) alle Menschen eine sehr emotionale Angelegenheit, die man nie mehr vergißt. Bewußtseinsbildung und die Entwicklung von Verständnis für die Wale steht dabei im Vordergrund, und – wenn’s mit Bedacht gemacht wird – überwiegt dies meines Erachtens die relativ geringe Störung der Tiere.

 

Bis in die 1960er-Jahre wurden auf den Azoren Wale gejagt; von Land aus, mit kleinen Ruderbooten. Es gab hier kaum Alternativen, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, und von Tourismus war damals noch keine Rede. Der Grund für das Ende des Walfangs war natürlich weniger der Naturschutz, als vielmehr die übermächtige Konkurrenz durch Fabriksschiffe aus Japan, Norwegen und anderen Ländern. Dass in manchen Jahren der Vergangenheit im Atlantik bis zu 30000 Wale getötet wurden, kann man sich heute kaum mehr vorstellen.

Auch wenn’s für eine Entwarnung noch keinen Anlaß gibt, so haben sich die Bestände einiger Walarten in den letzten Jahren etwas erholt; auch Paulo und seine Crew haben dazu beigetragen (schaut mal rein bei www.oceanemotion.pt).

Laßt uns also dranbleiben!

Liebe Grüße

Uli & Peer

so kleines Boot und so großes Glück

…es geht nicht um Millionen!

Auf Sint Maarten lagen wir einmal neben einer großen britischen “Swan”, dem Inbegriff einer eleganten Yacht, auf der ihr Eigner garade sündteure Kohlefaser-Winschen gegen angeblich noch bessere austauschen ließ. Auf meine schüchterne Anfrage nach dem Grund für diese – offensichtlich ganz unnötige – Investition gab er mir die nette Antwort: “if you’re going f.cking dead downwind in f.cking forty knots of wind you damned want your f.cking winches work…!” Das Ganze mit hochrotem Kopf, mit vor Alkohol triefenden Augen und zwischendurch seine Frau und seine Helfer anbrüllend. Den Schiffsbauer Thomas, den er eigens für diese Arbeit aus Holland einfliegen ließ, hat er übrigens nie bezahlt.

Na, das nenn’ ich Stimmung!

Auf dem winzigen, etwas angerosteten Blechboot “Tuiggy” der Franzosen Mikael und Celine, wo wir zu einem Kindergeburtstag eingeladen sind, ist das etwas anders. Im Cockpit kann man kaum die Beine ausstrecken, und dennoch schäumt das Fahrzeug über vor Glück. Letztlich sitzen wir zu acht hier, mehr über- als nebeneinander. Der wunderbare Pot-au-feu und die Torte reichen für alle und die Augen der Zwillings-Prinzessinnen strahlen angesichts ein wenig Plastikspielzeugs vom Chinesen, der neuen Turnschuhe und der Buntstifte, die Uli mitgebracht hat.

 

Ich glaub’, alle weiteren Kommentare kann ich mir sparen. Wir sagen danke für den schönen Tag, wünschen “bon voyage” und hoffen, dass sich unsere Kurse wieder einmal kreuzen mögen.

Liebe Grüße an alle

Uli & Peer