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Zuletzt in Japan

…aber auch sonst schon auf vielen Meeren gesegelt

 

Das ist “Capuccino-Klaus”, der uns nun schon zum zweiten Mal begleitet, und den wir so sehr schätzen gelernt haben. Selber Yachteigner mit jahrzehntelanger Erfahrung, wurde er in seinem langen Leben schon in vielerlei Hinsicht ernsthaft gebeutelt. Seine persönliche Konsequenz daraus ist, die Welt mit Interesse und Demut zu betrachten und allen Mitmenschen mit Geduld, Humor, endlosem Verständnis und Bescheidenheit zu begegnen. Immer hat er ein freundliches Wort oder ein verschmitztes Lächeln für alle übrig.

Klausi kommt in der Rodney Bay von St. Lucia an Bord, bringt einem dortigen Freund gleich ein Geburtstagsgeschenk, und wirft sein weniges Gepäck ins Vorschiff. Wir brauchen keine erklärenden Worte, alles ist selbstverständlich und unaufgeregt.

Zumindest einen unserer beiden von Bakterien versauten Dieseltanks haben wir hier inzwischen gereinigt und können daher wieder ohne Kanister-Pfusch motoren. In der Bucht winken wir der Besatzung der berühmten “Tres Hombres”, einer alten Brigantine unter österreichischem Kommando, die seit Jahren recht erfolgreich exquisiten Rum und andere Fair-Trade-Produkte transportiert, welche in Europa verkauft werden. Sie leben also noch, die alten Frachtensegler – ein schönes Projekt!

Da Klaus schon einige Antilleninseln kennt, richten wir den Bug nach Norden und setzen einen Kurs nach Martinique ab.

 

Die Bucht von Le Marin ist unglaublich voll (wie komischerweise – verglichen mit vorigem Jahr – auch alle anderen Orte bisher), es gibt keinen Platz im Hafen und wir müssen ziemlich weit draussen ankern. Gemeinsam mieten wir ein Auto und schauen uns die Highlights dieser schönen Insel an, von denen wir in vergangenen Blogeinträgen ja schon berichtet haben. Da Klaus mit fast jedem Wetter kann, braucht er Internet-Zugang weniger für Wetterberichte als für die ORF-Nachrichten. Das aktuelle Weltgeschehen ist ihm sehr wichtig. Seinen Spitznamen hat er übrigens deshalb, weil er beim Segeln alle laufend mit gutem Capuccino versorgt.

Unser nächster Stop ist Dominica, wo wir uns zunächst bei den Walskeletten von Roseau in der Dünung durchschütteln lassen und den Süden dieser wahrscheinlich ursprünglisten Antilleninsel besuchen. Bald geht’s aber weiter in die gute Ankerbucht von Portsmouth im Norden, wo wir auch wieder unseren alten Freund (ja, man kann das wirklich schon sagen) Martin treffen, der immer versucht, allen ankommenden Yachties die Schönheit seiner Heimat näherzubringen.

Einige Tage später laufen wir zu den Iles des Saintes aus, die auch wieder überfüllt sind und wo wir nur kurz übernachten. Bald bekommen wir ein gutes Wetterfenster für die Fahrt nach Guadeloupe und können Pointe à Pitre ausnahmsweise auf diesem meist so unangenehmen östlichen Kurs direkt anliegen. Nach wie vor halten wir diese Insel, schon aufgrund ihrer Größe und Vielfalt, für eine der interessantesten, mit ihren Gebirgen und Regenwäldern im Westen und den sanften Zuckerrohrhügeln im Osten. Auch Klaus hat’s gefallen. In der Marina Bas du Fort liegen noch einige der extremen Riesen-Trimarane, die kurz vorher hier ins Ziel der berühmten “Route du Rhum”-Regatta gekommen sind. Ende der Siebzigerjahre benötigte der Sieger für die Strecke von St. Malo in Frankreich hierher 28 Tage, heute schaffens die Rennmaschinen in rund einer Woche. Unglaublich, noch dazu einhand!

 

Ein paar Tage und einige Mietwagenkilometer später runden wir die Insel sehr schnell und unter viel Segeltuch wieder im Südwesten, verbringen noch zwei Schnorcheltage im Cousteau-Unterwasserpark vor Pigeon Island, erledigen den Zoll im windigen Des Haies und rauschen dann hoch am Wind und ziemlich nass nach Antigua. Bei acht bis neun Knoten Speed fragt Klaus “Capuccino?” aus dem Niedergang. In unserem geliebten English Harbour kennt man uns noch, und außerdem treffen wir hier die österreichische Yacht “Esperanza” wieder. Ein fröhliches Wiedersehen mit Martina und Florian, denen wir auf ihrer Weltumsegelung zuletzt auf den Kapverden begegnet sind. Nun machen wir die Gegend zu fünft unsicher, sitzen mit dem winzigen Leihauto fast auf allen Speed-Bumps auf und lassen uns in einer vereinsamten Kirche von Florians Klavierspiel auf dem alten Termiten-Piano verzaubern.

 

Da Klaus weiß, dass Uli und ich schlußendlich nach St. Maarten im Norden müssen, und er uns die mühsame Rückfahrt zu seinem Heimflug nach St. Lucia ersparen will, schlägt er vor, von hier mit einem Inselhüpfer dorthin zu fliegen. Nur wenige hätten soviel Verständnis gezeigt!

Es war eine wundervolle und interessante Reise! Bleib’ gesund, Klaus, auf dass Du noch tausende Meilen in Dein Kielwasser bringen mögest. Danke!!

 

Liebe Grüße an alle

Uli & Peer

 

 

Ein wunderbares Boot

…soll (leider!) verkauft werden

 

Unsere ganz lieben Freunde Martina und Dietmar aus Kärnten wollen ihr herrliches Boot verschleudern! Auch wenn’s sehr schade darum ist, hat das ganze natürlich gute Gründe. Die schöne Van de Stadt ist überkomplett und mit allem erdenklichen Komfort ausgestattet, dafür aber natürlich technisch auch anspruchsvoll. Der Rumpf ist ein makelloser Werftbau.

Da die beiden eher Segler als Bastler sind (abgesehen von nagelneuem Motor mußten sie viel Fremdhilfe beim Refit von Generator, Steuerung, Autopilot etc. etc. in Anspruch und sehr viel Geld in die Hand nehmen und das Boot ist jetzt inkl. Unterwasserschiff praktisch runderneuert), wollen sie für die Weiterreise auf ein wesentlich einfacher strukturiertes Schiffchen umsteigen.

Hier ist das Exposee: http://www.ship4sale.wordpress.com/

Vielleicht habt Ihr Interesse, kennt jemand interessierten oder könntet auf Euren Blogs die Daten weiterverbreiten.

Das Angebot ist meiner Meinung nach mehr als fair

Liebe Grüße an alle

Peer

Two and a half sailors

…oder wie der Rekord vom “jüngsten Crewmitglied auf VC” neuerlich gebrochen wurde

 

Zwei von ihnen sind schon alt, zwar nicht hinsichtlich ihrer Lebensjahre, wohl aber wegen ihrer bereits absolvierten rund 3000 Meilen auf Voodoochile; das dritte Crewmitglied aber ist wirklich noch ganz klein, jünger noch als alle anderen Kinder, die wir glücklicherweise schon  an Bord haben durften. Es wird erst in den nächsten Tagen das Licht der Welt erblicken, wozu wir alles Gute wünschen und recht herzlich gratulieren! Danke auch für Eure bisherige Gesellschaft, das Vertrauen und die Tatsache, dass wir schon jetzt an Eurer neuen Familie teilhaben durften! Keine Angst – Ihr werdet das großartig machen!

In aller Früh und etwas müde kommen Pidi und Ali in Grenada an; sie müssen erst in den Urlaubsmodus umschalten. Ganz selbstverständlich beziehen sie ihre gewohnten Kojen und alles kommt uns sehr vertraut vor. Gutes Gefühl! Nach ausführlichen Berichten aus der Heimat sehen wir uns gemeinsam die hübsche Insel an, zeigen ihnen die wenigen Dinge, die wir schon kennen und erleben auch wieder viel Neues. Bei einem Ausflug mit einem scheintoten Kleinbus wird ein Boxenstop nötig, um einen kaputten Vorderreifen gegen einen fast noch schlechteren auszutauschen. Bergauf müssen wir sogar einmal aus- und nach der schlimmsten Steigung wieder einsteigen. Das Vehikel schafft es einfach nicht. Dafür gelangen wir aber schließlich zu einem weniger überfüllten Wasserfall, wobei die Wanderung dorthin eine Schlammschlacht wird, die für werdende Mütter vielleicht nicht erste Urlaubswahl ist. Pidi wirft die rutschigen Schuhe weg und beißt sich barfuß durch.

Auch beim Hash-Lauf, der berühmten allwöchentlichen Schnitzeljagd in Grenada, geht’s durch dick und dünn. Nur beim anschließenden Biertrinken durfte Pidi natürlich nicht wirklich teilnehmen.

 

Die beiden wollen zu Silvester gerne nach Union Island, um dort Freunde zu treffen und vor allem um zu Kiten. Jetzt ist es natürlich so, dass sich die Strategien beim Segeln und beim Kite-Surfen – höflich ausgedrückt – stark unterscheiden: mit der Yacht sucht man ruhige Ankerbuchten, ohne viel Wind und Welle, immer in Lee der Inseln; gegenteiligte Bedingungen, als jene, an die Ali (der Drachentöter) denkt, wenn er mit dem Schirm unterm Arm skeptisch in die Runde blickt. 30 Knoten Wind und mehr wären höchst willkommen, was zu dieser Jahreszeit hier auch oft vorkommt und “Christmas Breeze” genannt wird. Ihm und den ganz lieben Freunden Tanja und Bernd bei den spektakulären Sprüngen zuzusehen, ist wirklich beeindruckend. Der Sport fordert aber auch seinen Tribut und nach einigen Tagen muss Ali wegen angeknacksten Rippen etc. das Gas etwas zurücknehmen. Irgendwann wird halt auch er einsehen müssen, dass er nicht mehr 20 ist (autsch!), aber so kurz vor der neuen Aufgabe als nestbauender Vater sei es ihm von Herzen gegönnt.

 

Langsam arbeiten wir uns in den wenigen etwas windschwächeren Wetterfenstern den Antillenbogen nordwärts, über Mayreau, Bequia und St. Vincent, wo wir in der Bucht von Wallilabou illegal eine Nacht verbringen und das dort vom “Fluch der Karibik” – Filmteam zurückgelassene Kulissendorf bestaunen.

 

Aufgrund der vielen gemeinsamen Meilen der Vergangenheit passiert die Seglerei völlig routiniert und ohne viele Worte. Ein reines Vergnügen, vor allem, da sich hier nicht jedes Gespräch ums Segeln dreht und uns die Sorgen der künftigen Eltern an unsere entsprechende Zeit erinnern, die so wunderbar und allzu schnell vorbei war, trotz manchmal langer Nächte und unendlich vieler Pampers-Schachteln.

Wir wünschen Euch alles erdenklich Gute!!!!!!!!!! Bleibt, wie Ihr seid und laßt uns später auch einmal das Baby hutschen!

Liebe Grüße an alle

Uli & Peer

 

Weiße Weihnachten in Grenada

…zumindest am Strand

Die Überfahrt von Trinidad bis zur Prickly Bay von Grenada ist durchwachsen. Schwachwind und 30-Knoten-Squalls beschäftigen uns und wir werden öfter mal sehr nass. Am schlimmsten ist aber, dass Werner und Elke mit ihrem alten Fastnet-Racer so schnell sind und uns glatt drei Stunden auf diesem Stückchen abnehmen. Verdammt, wieviel Segel läßt der alte Captain eigentlich stehen?

Bei der Ankunft in der Bucht kommt uns alles eigenartig vertraut vor, fast heimatlich. Vor allem einige bekannte Boote und Gesichter. Z.B. die “SPICA” mit Christiane und Norbert, sowie auch einige neue Gestalten. Am Weihnachtsabend, eine Stunde, bevor wir alles für die geplante Weihnachtsparty mit dem Dinghi an den Strand schleppen, läuft auch noch Thomas und Andi mit der schönen Ketsch “Enya”, unmittelbar nach ihrer Atlantiküberquerung via Barbados, ein. Appreciate and merry Christmas – coole Überraschung!

Gleich nachdem sie angebunden sind und “Enya” versorgt haben, fahren wir (alle irgendwie deutschsprachigen) mit unseren Beibooten an Land, beladen mit Camping-Klumpert, Speis und Trank, CD-Player und Durst. Auch ein kleiner Weihnachtsbaum kommt mit. Uli und die anderen Seefrauen haben sich organisatorisch und kochtechnisch wieder einmal selbst übertroffen. Wie üblich bringt jeder was mit und es wird ein gelungener Abend, weniger besinnlich als normalerweise, aber doch im guten Gefühl, unter Freunden zu sein. Wahrscheinlich denken alle ein bisschen an zu Hause.

 

Unsere besonders lieben kärntner Freunde Martina und Dietmar, die wir seit den Kapverden immer wieder verpaßt haben, und die hier mit ihrer wunderschönen “Maona Loa” praktisch gestrandet sind und seit Monaten (!) auf ihren neuen Motor warten, erzählen von ihren Abenteuern. Offenbar ist das Vertriebsnetz der an sich renommierten Firma Yanmar doch einigermaßen löchrig. Sie sind inzwischen sogar Opfer eines Internet-Betruges geworden. Alle bedauern sie zutiefst und hoffen, dass sich das bald regelt und dass sich unsere Kurse bald wieder kreuzen. Fair winds der tapferen Crew!

Da wir schon in früheren Beiträgen von Grenada berichtet haben, wollen wir hier nicht allzuviel wiederholen, sondern eher nur ein paar Bilder nachschicken. Bei Spaziergängen über die Hügel der Umgebung, mit ihren eleganten Villenvierteln, finden wir heraus, dass doch einige Leute hier ordentlich investiert haben. Sogar Botschaftsgebäude der USA und von Kuba befinden sich hinter den hohen Mauern und in gepflegten Gärten.

 

Im Gegensatz zum letzten Mal präsentiert sich die Insel aber jetzt, nach dem Ende der feuchten Jahreszeit, in frischem Grün. Alles blüht!

 

Der vergangene Sommer brachte der Karibik “nur” vier Wirbelstürme, alle “nur” Kategorie drei. Glücklicherweise ist keiner über Grenada gezogen, aber einer davon  hat auf der Insel Sint Maarten, von allen anderen Schäden einmal abgesehen, immerhin fast 200 Yachten zerschmettert. Außerdem haben sich alle vier erst kurz vor den Azoren aufgelöst. Die Insulaner sehen dieser Gefahr jeden Sommer eher gelassen entgegen, vielleicht wie in Österreich manche Bergbauern den Lawinen oder Siedler in Überschwemmungsgebieten manchmal der Donau, aber es muß trotzdem ein mulmiges Gefühl sein. Hurricanes treten selten so weit südlich auf, aber der Sturm “Ivan” hat 2004 fast ein Drittel aller Gebäude von Grenada beschädigt. Laut Gesetz kann sich angeblich jeder Bewohner von Grenada überall auf öffentlichem Boden – ohne Besitzer zu sein – eine Hütte bauen, sofern diese keine massiven Fundamente und Mauern hat. Man geht, fast etwas zynisch, davon aus, dass der nächste Hurricane das wieder bereinigt. Will man solide bauen, muss man sich den Boden allerdings kaufen.

Jetzt kommt bald unsere neue “alte” Crew und wir freuen uns schon sehr

Liebe Grüße inzwischen Euch allen, wir bleiben in Kontakt

Uli & Peer

 

Lang, lang ist’s her

…und natürlich wird’s wieder ein Rückblick

Guadeloupe, Hafen von Pointe à Pitre, Mitte März 2015

Vielleicht hat es ja auch Vorteile, dass wir die folgenden Updates mangels akzeptablem Internet, aber vielleicht auch, weil wir immer wieder abgelenkt wurden, solange aufgeschoben haben. Vielleicht gelingt es mir, die Berichte etwas zu straffen und die Erlebnisse mit mehr Abstand zu betrachten. Es hat sich in der zu rasch verfliegenden Zeit viel ereignet.

Im Augenblick sind wir hier auf Guadeloupe, versuchen, uns an die letzten vier Monate zu erinnern und sortieren einige repräsentative Bilder aus tausenden anderen aus.

Der Abschied von Graz mit übervollem Gepäck, die schöne, etwas wehmütige Zugfahrt über den herbstlichen Semmering, letzte wunderbare Stunden mit Freunden in Klosterneuburg – alles schon Geschichte. Auch die mühsamen Flüge danach. Egyd Gstättner sagt:” Ein Flug ist keine Reise, sondern die Überbrückung einer Reise”. Dem ist nichts hinzuzufügen, es ist einfach nicht unser Reisetempo.

Die Ankunft in Port of Spain reißt uns sofort wieder aus diesem Film. 32° Hitze in der Nacht, Menschenschlangen und Ärger beim Zoll, keine Taxis. Wir kommen schließlich ziemlich erledigt bei unserer braven Voodoochile an und stellen erleichtert fest, dass sie in der langen Wartezeit auch ohne unsere Pflege ganz gut zurechtgekommen ist. Einige Teile aus spanischem “Qualitätssperrholz” an Deck sind verfault, und auch der feine Lederbezug des Steuerrades ist vergammelt, aber innen ist sie trocken und nicht stinkig, und offenbar hat sie auch kein Tropensturm durchgeschüttelt.

Ist man das Klima hier nicht gewohnt, so bringt es einen fast um; heiß, feucht, immer wieder Regen und Mosquitos. Wie viele andere mieten wir eine Klimaanlage, die, am Dach montiert, Erleichterung bringt. Draußen kann man nur frühmorgens und am Abend arbeiten. Wir orientieren uns, organisieren Professionisten für die wenigen Reparaturen, die wir nicht selber machen können und schauen uns um, wer von unseren Freunden auch schon hier ist. Da sind Brigitta und Horst von der “Sapphire”, die mit Geduld in der Hitze werkeln, Debbie und Luc mit ihrer “Plucky Lady”, die mit ernsten gesundheitlichen Problemen Kämpfen und vor allem endlich wieder Elke und Werner mit der “Naja” – eine Riesenfreude! Alle sind mit Problemen und Problemchen ihrer geliebten schwimmenden Schneckenhäuser beschäftigt und wollen schnellstmöglich hier weg.

Das ist eigentlich nicht fair. Sicher, Trinidad ist keine klassische Ferieninsel; sie ist groß, hat rund eine Million Einwohner, viele Probleme und der Tourismus steht nicht im Vordergrund. Die Marinas sind eingezäunt und durch (oft schlafende) Guards “streng” bewacht und wir werden mehrfach vor Überfällen gewarnt. Emotionen gehen oft hoch, von ausgelassener Freude bis zu erschreckender Gewaltbereitschaft. Im Kino sehen wir in einem guten Dokumentarfilm, eigentlich über die Entwicklung der hier in den 20er-Jahren entstandenen Steel-Pans (typische Trommeln aus Ölfässern), dass Kriminalität und Gewalt die Gesellschaft latent beeinträchtigen und schon bei Kindern fast normal sind. Als Frau kann man sich allein nur mit ungutem Gefühl frei bewegen.

Andererseits fällt auf, dass die Toleranz zwischen den vielen ethnischen und vor allem religiösen Gruppen außergewöhnlich hoch ist. Durch einstige Zwangsübersiedlungen von tausenden Menschen durch die Briten aus der Kolonie Indien hierher ist eine große hinduistische Gemeinde entstanden, die hier ungestört ihre Kultur leben und Religion ausüben kann, noch dazu ohne das zuvor übliche Kastenwesen.

 

Zu uns sind die Leute lieb. Es wird viel gelacht, wir bekommen viele gutgemeinte, aber falsche Auskünfte, das Leben ist relativ billig. Weniger toll ist, dass man uns Yachties grundsätzlich für Millionäre hält, die man möglichst über den Tisch ziehen muss, teilweise nicht sehr subtil. Ein typisches Schwellenland, mit allen Vor- und Nachteilen.

Neben unserem Arbeitsprogramm fahren wir mit einem klapprigen Leihwagen auf der englisch-falschen Straßenseite zu manch schönem Ort. Ehemalige tolle Pflanzungen, die jetzt zu Schaugärten und Naturschutzgebieten geworden sind, viele belebte Märkte mit Volksfeststimmung, Wasserfälle ohne Wasser, ein Konzert mit Gesangsvorträgen von Musikstudenten, bei dem man uns als Europäer wie Maharadschas öffentlich begrüßt, ein sehr professioneller Bosch-Dienst, wo man uns mit Kaffee bewirtet und uns eigens den Fernseher einschaltet, ein besonders freundlicher Empfang in einem Hindu-Tempel, und viele andere Kuriositäten haben uns Trinidad sehr viel näher gebracht. Auch hier gilt, dass jeder Ort eine zweite Chance verdient und man einfach länger bleiben muss. Das Land ist wild und ürsprünglich, so anders als die kleinen Antillen, die sich weitgehend auf Touri-Parties spezialisiert haben.

 

Wir wurschteln also alle an unseren Booten, werden tagelang von “Profis” bezüglich geplanter Termine vertröstet, bekommen die versprochenen Materialien nicht und sind trotzdem meist guter Dinge. Sehr verbreitet ist hier auch Dengue- und Chikungunyafieber, ziemlich ernste, von Mosquitos übertragene Infektionen mit starken, grippeähnlichen Symptomen. Viele erwischt’s. Ganz besonders leider auch Werner, der tagelang außer Gefecht ist. Außerdem fallen jetzt – wie bei den meisten Kollegen – die lange erwarteten Kakerlaken über uns herein. Sie tun niemandem was und sind eigentlich ganz freundlich, aber wenn’s im ganzen Boot schließlich nur mehr so wuselt….?  Es hat lange gedauert, bis wir sie wieder losgeworden sind!

 

Nur mehr wenige Tage bis Weihnachten, also dranbleiben und weiterschwitzen.

Ich liege unterm Boot, schweißtriefend und dreckig, schleife altes Antifouling mit der Flex ab, daneben ein Brite unter seinem Fahrzeug bei derselben Arbeit:
Ich zu ihm: “well, another day in paradise!”
Er zurück: “sure, we’re living our dreams!”

Irgendwann wird Voodoochile wieder ins Wasser geworfen (leider nicht ganz fit, wie sich später herausstellen wird) und tags darauf machen wir gemeinsam mit “Naja” die Leinen los. In der Abenddämmerung laufen wir durchs Nadelöhr wieder ins offene Meer hinaus und freuen uns auf die vielen Freunde, die uns in Grenada zu Weihnachten erwarten.

Bis gleich und liebe Grüße an alle

Uli & Peer