Voodoochile Rotating Header Image

Ein außergewöhnlich starkes Paar

…von dem wir leider für längere Zeit Abschied nehmen müssen

 

Wir haben Euch Elke und Werner mit ihrer geliebten “NaJa” in der Vergangenheit ja schon kurz vorgestellt, zwei Persönlichkeiten, die zu innigen Freunden wurden und uns tief beeindruckt haben. Ohne auf allzu private Details einzugehen: Werner, von schwerer Krankheit gezeichnet und an einem Punkt angelangt, an dem fast alle von uns aufgegeben hätten, sagt “Scheiß drauf, laß uns losfahren!”, rettet einen im Hafen gesunkenen alten Fastnet-Racer (das Boot mit dem “schönsten Arsch” von allen!) vor dem Verfall, tauft es auf den einzig treffenden Namen “NaJa”, und bricht mit Elke zu großer Fahrt auf. Mit unglaublicher Hingabe trägt sie dieses – wirklich nicht immer einfache – Projekt mit. “Ka g’mahde Wies’n”. Seit unseren Tagen in Gibraltar kennen wir uns nun schon und lassen uns von gemeinsamer Zeit bereichern. Hätte ich einen Hut, so würde ich ihn öfter mal ziehen.

Nach ihrem Abstecher nach Brasilien und kurzen Begegnungen in Trinidad, Grenada und auf den Iles des Saintes, wollen wir uns nun Zeit für einander nehmen, vor allem, da es sehr fraglich ist, dass sich unsere Kurse in nächster Zeit wieder kreuzen werden. Der Schauplatz dafür ist zufälligerweise Nevis, die Schwesterinsel des Doppelstaates St. Kitts und Nevis, ein freundliches und ruhiges Eiland, das erst bei genauerem Hinsehen seine Schönheiten zeigt.

Wir laufen nach schneller Überfahrt von Guadeloupe zum großen Bojenfeld von Nevis und erkennen völlig überrascht, wie Werner uns in seinem Dinghi winkend entgegenrauscht, um uns beim Festmachen zu helfen. Einfach schön!

In den folgenden Tagen nehmen wir erst einmal den Speed raus. Wir chillen (oder “limen”, wie man auf den Antillen sagt) am Strand, schnorren uns mit wenig bestelltem Bier durch diverse WLAN-Spots, hören ein Konzert einer Gefängnis-Band auf Freigang und sehen auch andere Kuriositäten. Die Wiedersehensfreude macht uns leichtsinnig. In der Kultbar “Sunshine’s”, wo neben Fotos unzähliger prominenter Besucher auch Bilder vom “Göttlichen” (zusammen mit den frühen “Who”) hängen, trinken die Damen einige “Killerbees” und die Herren Carib. Spät am Abend wackeln wir zurück zum Dinghi, besteigen es bei mäßiger Brandung und kentern prompt durch. Samt Rücksäcken, Kleidern und Elektrogeräten! Das meiste hat’s überlebt, sogar der Außenborder, nur Werners iPhone mußte – wieder einmal – dran glauben. Kollateralschäden halt.

 

Ein Volksfest für verstärktes Ernährungsbewußtsein, der schöne botanische Garten, die Ruinen verlassener Zuckerrohrplantagen, ein riesiger Baobab, ein etwas gammeliges Thermalbad, Hinweise auf Schwulenbars, immer freundliche (natürlich falsche) Auskünfte, Ami-Hotels mit unglaublichen Preisen – es gibt so Vieles hier, man muß nur suchen.

 

Wie immer versucht Uli, uns auf den höchsten Berg der Insel zu treiben. Wir streiken erst kurz vor dem Gipfel, besuchen aber – neben ambitionierten jungen Mechanikern – am Rückweg ein aufgelassenes Luxushotel in einer ehemaligen Rumfabrik und diskutieren dessen Potential für eine Alters-WG. Langsam verblöden wir wirklich!

 

Die zwei Wochen verrinnen uns zwischen den Fingern, beim abwechselnden Kochen auf unseren Booten und beim Nachdenken über unsere jeweiligen Routenpläne. Elke und Werner überlegen zu unserer Bestürzung sogar, die Hurrikan-Saison aus Kostengründen in Venezuela zu verbringen, was derzeit eindeutig als zu gefährlich gilt. Auch wenn jede Reise natürlich Risiken birgt und unsere Fahrten für die meisten von uns finanzielle Gratwanderungen sind, so sind wir trotzdem sehr erleichtert, dass diese Idee mittlerweile vom Tisch ist.

Der Abschied wird etwas sentimental, mehr als sonst. Es bleibt nur, zu winken und “take care” zu rufen.

Wir bleiben in Kontakt, liebe Grüße an alle

Uli & Peer

Sie kommen

…jetzt ist Schluß mit lustig, jetzt wird richtig gelacht!!

Mit ein bisschen Unterstützung von Mami haben Paul und Luke ihre Sparschweine geknackt und sind über Paris (das teure Steak dort hat darüber hinweggetröstet, dass nicht die ganze Welt Englisch spricht!) zu uns gejettet. Moritz und seine Bianca konnten leider nicht mitkommen, denn sein Brötchengeber, die Gemeinde Laßnitzhöhe, hatte wegen der bevorstehenden Wahlen Urlaubssperre verhängt (das anschließende Rekordergebnis von 22% für die Grünen hat – zumindest viele von uns – aber doch entschädigt. Gratuliere!). Wir hoffen aber sehr, dass wir sie schon bald bei uns sehen werden.

Die Herren wollen chillen, Uli ihnen aber alles (und mehr) zeigen. Somit ist also, wie meistens, alles entschieden. Wir chartern bei unserem ewig bekifften Verleihnix eine kleine Rostlaube und gehen auf Tour:

zu Wasser –

 

zu Lande –

 

im Wald –

 

und am Strand –

 

Ja, so könnte es bleiben! Zum Geburtstag haben sie mir echt eine ferngesteuerte Drohne im Flieger mitgeschleppt – wieder eine Gelegenheit, mich bei den ersten Startversuchen auszulachen. Immer wieder nett! Hat jemand von Euch jemals versucht, so ein Teil zu steuern? Auf den Azoren werde ich üben…

Berichte von ihrem Leben zu Hause, Sonnenbrände, Mami pflanzen, Carib und Heineken, und pausenlos guter Schmäh. Nach Dominica zu segeln wäre zwar schön, ich vermiese es ihnen aber, denn ich will die knappe Zeit nicht mit etwaigem Stress am Rückweg weiter verkürzen.

Die zehn Tage kommen uns wie einige Minuten vor, aber immerhin. Es ist immer wieder überraschend, wie wertvoll Zeit sein kann!

Wir vermissen sie schon, noch bevor sie wieder zum Flughafen müssen

Liebe Grüße an alle

Uli & Peer

 

Seltener Halbwind

…beim “Flug” zu den Kindern

Als Entschädigung für den letzten langen Texteintrag gibt’s wieder einmal ein Filmchen

 

Jetzt kann’s uns nicht mehr schnell genug gehen, zum vereinbarten Treffen mit Pauli und Luke auf Guadeloupe!

Aber der Reihe nach:

Nach unserer wetterbedingten Flucht von Barbuda laufen wir zuerst nochmals an die Westküste von Antigua, nach Jolly Harbour. Eine sehr geschützte Lagune, die allerdings hauptsächlich durch US-Ambiente glänzt, mit Stegen vor den Ferienhäusern, Golfplatz und vielen Lokalen. Fein ist aber, dass wir hier nach längerer Zeit wieder unsere “Lieblingsschwaben”, Petra und Herbert mit ihrer “Kallisto”, treffen, die uns ja jetzt mehr oder weniger seit Italien begleiten. Millionen von Neuigkeiten werden ausgetauscht und abends tanzen die Mädls sogar zu den virtuosen Klängen eines Steel-Drum-Trios. Überhaupt konnten wir hier auf Antigua die besten Musiker bisher erleben.

 

Bald haben wir genug von dem britisch-amerikanischen Ententeich, lassen die vielen Untiefen vor der Einfahrt zurück und brettern weiter nach Süden, wieder einmal zu den Iles des Saintes, die wir zwar schon kennen, die aber ein fast notwendiger Stop auf dem Weg nach Pointe à Pitre sind. Das nehmen wir gerne in Kauf, denn wir sehen zu unserer großen Freude das Boot “NaJa” mit den alten Haudegen Elke und Werner vor Anker liegen. Auch wenn wir schon ungeduldig dem Besuch unserer Söhne entgegensehen, freuen wir uns über die gemeinsame Zeit mit der Crew der “NaJa”, mit der uns ja schon so viel verbindet.

 

Auch Werner und Elke haben ein baldiges Treffen ihrer Kinder vereinbart und rauschen daher bei Starkwind ab nach Sint Maarten. Wir dagegen nehmen uns keine Zeit für umständliches Kreuzen sondern motorsegeln gegenan nach Pointe à Pitre, wo Uli das Boot möglichst hübsch machen will, bevor die “Herren” erscheinen.

Wir freuen uns schon sehr

 

Liebe Grüße an alle

Uli & Peer

 

Manch Pläne werden neu bewertet

Marigot Bay, Insel Saint Martin, Ende April 2015

 

Alle Fahrtensegler laufen irgendwann mit bestimmten Visionen von zu Hause aus, teilweise mit sehr ambitionierten Vorhaben, manchmal mit eher schrägen Ideen, aber fast immer mit bestimmten Vorstellungen. Nicht immer entspricht die Realität diesen Träumen und manches muss unterwegs neu bewertet werden. Oft ändert man sich im Laufe der Zeit auch selbst ein wenig, oder zumindest seine Wünsche.

Hier in der Karibik lernen wir viele Menschen kennen, die ihre Situation neu überdenken, sei es freiwillig, oder auch gezwungenermaßen. Meist sind es Paare der “B-Jugend”, in langjähriger oder neuer Beziehung. Seltener treffen wir ganz junge Leute, voller Begeisterung, vielleicht etwas naiv, aber extrem anpassungsfähig, bescheiden und nicht unterzukriegen, die auf teilweise winzigen Schiffchen ohne jeden Komfort und an der Grenze der Seetüchtigkeit, so tapfer von Job zu Job tingeln. Im Großen und Ganzen scheint die Blüte der Hippiezeit auf den Meeren aber vorbei zu sein. Auch die Möglichkeit, überall in Frieden und gratis Station zu machen, hat sich seit den Jahren eines Bernard Moitesssier wohl verändert. Natürlich ist auch die Gegend hier nicht repräsentativ für die ganze Welt.

Heute legen die meisten Fahrtensegler Wert auf einen gewissen Mindestkomfort, sichere Liegeplätze, gute Kommunikation mit der Heimat und wenn möglich auch hin und wieder einen Heimflug. Die Boote sind meist groß, technisch anspruchsvoll und teuer. Das ist auch ein Hauptgrund, warum sich die meisten wirtschaftlich sehr nach der Decke strecken müssen. Auf den Hauptrouten ist das Leben für “Bootsgammler” einfach zu teuer geworden, oder man ist nicht bereit, die Härten eines solchen Lebens in Kauf zu nehmen.

Wenn man davon auf den Antillen manchmal etwas enttäuscht ist, hört man von erfahrenen Seglern immer wieder:” Ja, dann mußt Du halt in den Pazifik gehen. Dort gibt’s noch immer einsame Inseln”.

Auf vielen Booten wird darüber diskutiert, aber es hilft halt nichts: das Schiff für die Cyclon-Season in Polynesien zu lassen oder von dort im Notfall kurz nach Hause zu fliegen ist ohne solides Budget einfach nicht möglich. Ob man wirklich 6000 Meilen segeln will, um dann wieder am Palmenstrand zu ankern, ist nicht gewiß, genauso wenig wie die Tatsache, dass das Boot durchhalten und man selbst dort gesund und glücklich sein wird. Außerdem ist da noch der lange Heimweg rund um Afrika, den die Piraten im Roten Meer notwendig machen.

All das ist eigentlich zu bewältigen, und wahrscheinlich ist das Problem viel einfacher: wir sind einfach nicht mehr 20!

Diese Entscheidungen müssen jedenfalls hier getroffen werden, denn ab Panama befindet man sich auf einer Einbahnstraße und dann geht’s nur mehr Richtung Westen zurück.

1010568_10151741072244948_125238589_n

Image 1 of 1

Da wir zu Hause bei weitem nicht alles erledigt haben, Teilzeitbetreuung der Oma vereinbart ist, und wir uns Flüge von Tahiti nicht leisten können, wollen wir uns also im Moment noch nicht allzu weit von Österreich entfernen und übernächste Woche zu den Azoren auslaufen. Vielleicht dort auch ein Jahr verbringen. Schau’ma mal! Außerdem können wir Euch alle und die Kinder hin und wieder besuchen, bzw. öfter mal Freunde (Euch!), die wir in der Karibik verpaßt haben, an Bord begrüßen.

Uli hätte sich so gerne eine Weltumsegelung ins Buch geschrieben! Es paßt aber einfach noch nicht. Vielleicht können wir ja später nochmal einen Anlauf nehmen.

Liebe Grüße an alle

Uli & Peer

PS auf jeden Fall werden wir vor der Abfahrt noch über die letzten Wochen berichten

“Esperanza”, die Hoffnung

…heißt die schöne, alte Colin Archer mit Heimathafen Wien

 

Vielleicht zuerst ein paar Eckdaten:

Das Boot, sehr stäbig, schwer und traditionell, hat schon einmal die Welt umsegelt, läuft etwas nass und für ihre Größe sehr schnell, und vermittelt uneingeschränktes Vertrauen

Martina, ehemalige Ballerina an der Wiener Staatsoper, genießt die Zweisamkeit auf den langen Strecken, ist immer munter und offen für neue Gegenden und hält ihren schönen Blog aktuell

Florian, offiziell zwar Jurist, aus Passion aber eher reisender Musiker, heißt andere Segler immer mit Gesang, Gitarre und Klavier willkommen. Überhaupt zieht sich die Musik wie ein roter Faden durch sein und folglich derzeit auch durch unser Leben. Ein unbeschreiblicher Genuß!

Gute Voraussetzungen für die beiden noch recht jungen Leute – im Vergleich zu den sonst auf Langfahrtyachten eher geriatrischen Verhältnissen. Sie wollen die Welt umsegeln und stellen dieses Vorhaben, auch im Unterschied zu vielen anderen, kaum jemals in Frage. Darauf möchte ich später noch einmal zurückkommen.

 

Wir verstehen uns auf Anhieb ausgezeichnet und beschließen, einige Zeit zusammen zu verbringen. English Harbour gratuliert uns dazu mit der “Mega Yacht Challenge”, einer dreitägigen Regatta von alten und neuen, jeweils aber wunderschönen Booten. Von den umliegenden Hügeln beobachten wir die Wolken aus Segeltuch bei ihren ambitionierten Manövern. Aus mir wird nie ein Rennsegler werden, aber das ist pure Erotik! Das hier ausgestellte seltsame Ruderboot, mit dem einige ganz besondere Menschen schon viermal den Atlantik überquert haben, stellt das andere Ende der Skala dar.

 

Gemeinsam entdecken wir die schönen und auch stilleren Orte von Antigua, im Auto, bei Wanderungen und vor Anker in der tollen “Deep Bay” im Nordwesten, von wo wir schließlich nach Barbuda auslaufen, einer Ausnahmeinsel, so ganz nach Ulis Geschmack. Meist nur hoch am Wind erreichbar, etwas abseits der Hauptrouten, ohne jeden Schutzhafen und gespickt mit Korallenriffen – Herz, was willst Du mehr! Ich sehe das nicht ganz so cool.

Esperanza nimmt einiges Wasser übers Deck, damit wir gleichzeitig dort ankommen, fängt dabei aber auch noch Fische fürs Abendessen und macht der Seefahrt alle Ehre. Auf den letzten Meilen vor der Küste hilft nur mehr “eyeball-navigation”, d.h. einer stellt sich an den Bug und weist dem Rudergänger den Weg zwischen den Korallenköpfen. Ziemlich “tricky”!

Schließlich ankern wir vor einem meilenlagen Strand, der einst zu dem vor Jahren geschlossenen Luxusresort “K-Club” gehörte. Das Areal hat jetzt angeblich Robert De Niro um 250 Millionen Dollar gekauft und will es wieder in Schwung bringen. Zur Zeit grasen Esel und Pferde auf dem früheren Golfplatz und die Natur holt sich die Gegend zurück. Savannengestrüpp und Palmen überwachsen die einstigen Bungalows. Weiter im Süden gibt es noch ein Hotel, wo man als Yachtie ganz offiziell nicht willkommen ist. Sehr nett! Es gibt also keine Strandbar und auch sonst keinerlei Infrastruktur, denn der einzige Ort von Barbuda liegt in der Mitte der Insel an einer zu seichten Lagune. Wollte man einkaufen, so müßte man sich umständlich irgendwo ein Taxi oder Boot organisieren. Ein bisschen Südpazifik also, idyllisch und etwas einsam; man muss autark sein – wirklich eine Ausnahme auf den sonst recht überlaufenen Antillen. Uli ist begeistert!

 

Florian pflückt frische Kokosnüsse für uns und grillt selbstgefangene, köstliche Fische. Ein Barrakuda jedoch wird wieder in Freiheit entlassen. Der Grund dafür ist das berüchtigte Ciguatera-Gift in manchen Fischen. Hochtoxische Algen auf Korallenriffen gelangen über kleine Fische in die Nahrungskette, kumulieren in den größeren Raubfischen und erreichen in den größten Riffbewohnern wie Zackenbarschen, Haien und Barrakudas eine Konzentration, die auch für Menschen gefährlich sein kann. Manche Leute ignorieren das Problem, aber wir verzichten auf das Risiko, krank zu werden. Schließlich sind wir nicht am verhungern und weiters sind Hochseefische davon nicht betroffen.

Es sind schöne Tage hier, wildromantisch und so anders, als auf den üblichen Party-Inseln. Als der Wetterbericht, den Florian glücklicherweise rechtzeitig abgehört hat, aber völlig überraschend ganz untypischen Südwestwind ankündigt, lichten wir im Morgengrauen den Anker und verlassen fluchtartig die ungeschützte Reede.

Wieder einmal wird es ein schwerer Abschied. Das gehört natürlich zu unserer Art zu reisen, aber man gewöhnt sich nicht wirklich daran.

Wir wünschen der “Esperanza” alltime fair winds und hoffen sehr, dass sich unsere Kurse wieder einmal kreuzen mögen!

Liebe Grüße an alle

Uli & Peer