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Manchmal übersehenes Kleinod

…schon ein wenig abseits der Charterrouten

Mayreau ist die vorletzte bewohnte Insel von “St. Vincent und den Grenadinen”, etwas unscheinbar und mit weniger klingendem Namen als beispielsweise Union Island, wo viele Chartertörns ihren Umkehrpunkt planen. Die beiden geschützten Buchten an der Westküste, Salt Whistle Bay und Saline Bay, präsentieren sich daher eher ruhig und es herrscht wieder die Szene der Fahrtensegler vor, deren Zeitdruck überschaubar ist. Die meisten besitzen statt Uhren lediglich Kalender.

Auch hier wird offensichtlich, dass die Saison vorbei ist; die wenigen Bars und Souvenierstandl’n laufen auf Standby. Verglichen mit dem Norden ist es auffallend sauber hier und viel ruhiger. Ausgesprochen sympathisch und ziemlich heiß. Da wir nach Uli’s Meinung gerade in der „falschen“ Bucht liegen, müssen wir den perfekten Strand der Salt Whistle Bay per „Bergtour“ bei gut 32° zu Fuß ansteuern. Alle Insulaner grüßen freundlich und lächeln uns zu, das Kirchlein am höchsten Hügel ist pittoresk. Wir sind gern hier, und der schon „herbstlich verlassene“ Strand erfüllt auch jede Erwartung. Trotzdem bin ich eigentlich schon zu faul, um zu jeder romantischen Palme zu pilgern. Auch bin ich eine Enttäuschung als Fotograph, der Bilder von meiner ewig jugendlichen Crew machen soll. Bei jeder Rast haben wir freundliche Hunde an unserer Seite; Gitti und Fritz erinnern sich an frühere Reisen hierher.

Insgesamt eher unspektakulär, aber vielleicht gerade deshalb so reizvoll. In der Saison legen hier angeblich immer wieder mal Kreuzfahrer an – wir vermissen sie nicht wirklich.
Die nächste Station wird Union Island sein – ein beliebter Stopp aller Segler auf Südkurs
Wir bleiben in Kontakt
Uli & Peer

endlich sind sie weiß

…Uli’s Traumstrände, wegen denen wir so weit gereist sind

Im Gegensatz zum gängigen europäischen Klischee sind die meisten Antilleninseln – mit Ausnahme jener ganz im Norden – vulkanischen Ursprungs und die Strände daher braun oder schwarz. Uli hatte immer ein anderes Bild im Kopf (und mich auch immer wieder daran erinnert): weißer Korallensand müsse es sein, ähnlich wie auf den Malediven, mit Palmen, die ins Wasser hängen.
Na gut, fahren wir also hin, durch ein Gewirr von Untiefen, Inselchen und Riffen. Die weltberühmten Tobago Cays liegen vor uns, drei winzige Eilande (auf den Malediven würde man das Szenario kaum erwähnen), umgeben von einem langen Saumriff. Wirklich schön, mit klarem Wasser und ziemlich windig. Auf die Ankerplätze kommen jeden Abend viele Segler, vor allem Chartercrews.

Zugegeben: das Schnorcheln hinter dem bunten Riff oder in dem von Naturpark-Rangern gut bewachten Schildkröten-Schutzgebiet ist wunderbar und eines Abends schwimmt auch ein Ammenhai direkt unter Voodoochiles Bauch im türkisen Wasser. Die freundlichen Boat-Boys laden zu Grill-Parties am Strand und beim Boccia mit der Crew der Tifricat geht’s hochkonzentriert zu.

Nach einigen Tagen glauben wir jedoch, alles gesehen zu haben und auch der kaum geschützte Ankerplatz wird im zunehmenden Wind immer unruhiger. Also brechen wir auf, nur ein kurzes Stück weiter zur Insel Mayreau.

Liebe Grüße
Uli & Peer

Von Walen und Menschen

manchmal wird man ganz still…

Die nächste der “Windward Islands” (von den Briten so genannt, da es mit den alten Rahseglern schwierig war, gegenan dorthin zu kommen), die wir besuchen wollen, ist Bequia, südlich von St. Vincent, immerhin über 50 Meilen entfernt. Noch bevor es hell wird, schleichen wir aus unserer hübschen Bucht und können sofort Segel setzen. Im ersten Licht sehen wir noch einmal die berühmten Pitons von See aus. Bald darauf erfaßt uns wieder der Passat und es geht richtig dahin.
Plötzlich sehen wir im mäßigen Seegang den Blas von mehreren Walen, die offensichtlich genau auf Gegenkurs schwimmen. Auch wenn wir gewollt hätten, könnten wir nicht mehr verhindern, direkt durch die Schule von sieben oder acht großen Walen hindurchzulaufen. Gemächlich schwimmen sie an Voodoochile vorbei, einige im Abstand von weniger als fünf Metern. Unfaßbar!! Ganz deutlich kann man an der Form der Köpfe erkennen, dass es sich um Pottwale handelt, einige über zehn Meter groß. Uli springt nach der Kamera, aber leider gelingen uns wieder einmal keine guten Bilder. Auch bei Delphinen ist es meist so. Wir trauern um die alten analogen Kameras, die im gewünschten Augenblick auch auslösten. Für uns ist das Zuschauen ohnehin schöner, aber wir hätten Euch gerne durch gute Fotos daran teilhaben lassen.

Die Faszination der großen Meeretiere auf Menschen ist ungebrochen und auch durch gemeinsame Evolutionsschritte kaum zu erklären. Wie auch immer – wir hatten, im Gegensatz zu vielen anderen Crews, diesbezüglich großes Glück. Zuerst schon vor Sizilien und bei den Balearen, dann mehrmals im Ostatlantik und schließlich – so intensiv – hier im karibischen Meer.
Dazu fällt uns eine Begebenheit auf St. Kitts ein: an der stürmischen Ostküste dort sahen wir einen neugebauten kleinen Fischerhafen mit gutem Wellenbrecher, und man erklärte uns, dass dieser ein “Geschenk” der Japaner wäre. Zuerst vermuteten wir, dass dadurch die Lieferung von Toyotas angekurbelt werden sollte, aber später erfuhren wir, dass Japan sich damit die Stimme St. Kitts’ für ihre Walfangpläne erkauft hatten. In den 80er Jahren wurde ja erstmals ein Moratorium zur Beschränkung des Walfangs durch die IWC (International Whaling Commission) erlassen, wobei jedes noch so kleine Land darin je eine Stimme hatte.
Nachdenklich laufen wir weiter, in Lee vorbei an St. Vincent, der Hauptinsel der Grenadinen, die wir auslassen, da man immer wieder von dortigen Sicherheitsproblemen und Überfällen hört, und kommen am späten Nachmittag in die Admirality Bay vor Port Elizabeth, eine beliebte und gut geschützte Bucht von Bequia. Franzi, Wolfgang und viele Andere haben von hier geschwärmt.
Zu unserer Freude treffen wir auch wieder Gitti und Fritz mit ihrer “Tifricat”, die die Karibik von langen Reisen gut kennen und uns immer wieder beraten. Der Ort ist sehr sympathisch, die Leute lieb, das Wasser erstmals fast kristallklar, trotz der vielen Boote. Am schönsten Platz der Bucht findet man an einem (künstlich angelegten) Traumstrand ein ehemals luxuriöses, nun aber verlassenes Bungalow-Hotel eines italienischen Investors, der mittlerweile im Häf’n sitzt. Jetzt chillen hier ein paar Einheimische und eine Kuh weidet zwischen den netten Häuschen. Auch ok! Außerdem kann man mit dem Wasser aus den Zisternen duschen.

Ein paar Tage lassen wir das Ganze auf uns wirken, aber dann soll’s endlich zu Uli’s weißen Sandstränden auf die Tobago Cays gehen.

Liebe Grüße
Uli & Peer

Southbound again

…wenn heute Sonntag ist, dann muss das Saint Lucia sein

Nach rund zehn Tagen im Hafen dauert’s wieder ein bisschen, bis wir wieder seeklar sind. Bei den relativ kurzen Überfahrten hier brauchen wir fürs Her- oder Wegräumen immer fast länger, als fürs eigentliche Segeln. Obwohl es meist nur Tagesfahrten sind, muss das Boot trotzdem immer richtig fit gemacht werden, denn draussen weht es beständig und es gibt natürlich auch entsprechend Welle.
Wir sind jetzt in der Mitte des Antillenbogens, und der Südkurs sorgt für angenehme Tage ohne zu kreuzen, meist mit flotter Fahrt und einem Reff in den Segeln.
Voodoochile läuft mit sechs bis sieben Knoten, denn heute Nachmittag wird beim Jazz-Festival in Rodney Bay auf Saint Lucia neben Anderen auch Monty Alexander spielen, den wir besonders lieben und in Graz einmal vor lauter Begeisterung an drei Abenden hintereinander gesehen haben. Dieser großartige Jazz-Pianist stammt aus Jamaica, ist eigentlich gelernter Klassik-Mann, hat sich aber seit Langem dem Jazz und auch dem Calypso verschrieben.
Wir erreichen unsern Ankerplatz in der Rodney-Bay zwar rechtzeitig, aber nach der hier überall notwendigen Prozedur des Einklarierens versäumen wir die erste Hälfte des Gigs. Trotzdem will der Veranstalter noch 80 US-Dollar Eintritt für die restlichen 20 Minuten! Wir müssen also passen – wieder eine Demutsübung.


Wurscht! Wir sehen uns die Umgebung an und Uli klettert allein auf das Fort, um zu fotographieren (wieder 1 x Eintritt gespart). Bekannt ist die Insel vor Allem wegen der beiden spektakulären “Pitons”, zwei steilen Bergen mit ausdrücklich weiblicher Symbolkraft, und der Tatsache, dass die ARC, die große Transatlantik-Rallye, hier endet. Aber außer, dass wir hier Hans-Peter kennen lernen, einen netten Österreicher mit großem Hund und schöner OVNI, mit dem wir über gemeinsame Freunde tratschen, zieht uns die Gegend nicht wirklich an. Zwei Tage später laufen wir mit Kurs Marigot-Bay an der Westküste aus (ja, fast jede Antilleninsel hat ihr Marigot). Übrigens: es ist ganz interessant, dass fast all diese Inseln von Spaniern entdeckt wurden, aber heute kaum noch spanischer Einfluß zu bemerken ist, weder sprachlich, noch kulturell oder architektonisch. Alles hat irgendwie britischen oder auch französichen Hintergrund.

Die winzige, gut geschützte Bucht von Marigot besteht zwar nur aus einer Marina, einer Handvoll Häusern und mehreren Restaurants, ist aber unglaublich hübsch. Man liegt hinter einer kleinen Landzunge mit Palmenreihe, ohne Schwell und Böen, und genießt die Sonnenuntergänge. Als Draufgabe laufen ganz liebe Kollegen von unserem grazer Segelclub mit dem Boot Marjana ein (liebe Grüße auch an die Bootseigener Monika und Gerhard!). Eine Riesenüberraschung und schöne gemeinsame Stunden!

Der Taxifahrer, den wir für eine Fahrt durch den Süden Saint Lucias chartern, hat auch schon Landeshauptmann Voves gefahren; er berichtet stolz davon und bringt uns in die schwefelige Einöde eines noch aktiven Vulkankraters, zu grauslichen Schlammquellen und zu tollen Aussichtspunkten. Schön ist’s hier wieder einmal!
Nach ein paar Tagen gehen wir aber wieder ankerauf, noch bevor es hell wird, mit Kurs Bequia, denn die Uhr (eigentlich eher der Kalender) tickt…
Bis bald
Uli & Peer

zurück in die EU

…sozusagen

Im ersten Licht des Tages laufen wir aus der Bucht von Roseau aus, bei schwachem, umlaufendem Wind, entlang der hohen Westküste bis zu Scott’s Head, dem eindrucksvollen Felsen am Südende Dominicas. Fast sofort erfaßt uns wieder der Passat, der gegen den starken Strom vom Atlantik steht, und hohe Kabbelsee aufwirft. Bald beruhigt sich das Ganze und wir laufen unter Groß, Genua und Besan im ersten Reff rasch nach Süden. Im dunstigen Licht können wir bald darauf Martinique erkennen und hoch am Wind auch ansteuern. In Lee dieser großen Insel wird der Wind – wie üblich – wieder unbeständig und wir müssen wieder einige Male weit aufs Meer hinauskreuzen, um am späten Nachmittag in die große Bucht der Hauptstadt Fort de France zu gelangen. Es gibt viel Verkehr hier und das Wasser ist stellenweise sehr seicht. Also Vorsicht! Direkt unter der alten Festung Fort Saint Louis gehen wir vor Anker, klarieren das Deck auf und genießen einen Sundowner. Boote aus vielen Ländern liegen hier, einige Einheimische baden am Stadtstrand und aus der City klingt leise Musik und etwas Verkehrslärm herüber.

Gleich am nächsten Morgen geht’s weiter nach Süden, in die Grande Anse d’Arlet, eine beliebte Ankerbucht, wo man angeblich auch einklarieren kann. Wir schnappen uns eine der guten Gratisbojen zwischen gezählten 80 anderen Booten! Ferienstimmung. Die Zollstation gibt’s doch nicht mehr und wir müssen daher illegal in der EU essen gehen.Das Wasser ist klar und beim Schnorcheln sehen wir mehrere geduldige Schildkröten. Diese sympathischen Zeitgenossen scheinen sich hier sehr wohl zu fühlen.
Da es jetzt wirklich an der Zeit ist, uns um unseren alten Deutz zu kümmern, wollen wir bald nach Le Marin an der Südküste, eine große Marina mit guten Reparaturmöglichkeiten. Um die im Handbuch beschriebene “washing machine” beim Diamond Rock am Südwesteck von Martinique zu vermeiden, timen wir unsere Abfahrt entsprechend der Tide und entkommen daher der berüchtigten Kabbelsee hier, mit dem Ergebnis, jetzt nicht nur den Wind, sondern auch den Strom auf die Nase zu bekommen.

Um diesen spektakulären Felsen rankt sich eine interessante Geschichte: da die Briten hier keinerlei Hafen hatten, erkletterten und bewaffneten sie mühsam den Felsen und führten ihn fortan als “Kriegsschiff HMS Diamond Rock” in den Büchern. Bald darauf wurden sie aber vom eigens dafür aus Frankreich entsandten General Villeneuve wieder vertrieben. Martinique blieb französisch.

Die Einfahrt in die große Bucht von Le Marin mit ihren zahlreichen Korallenriffen und Untiefen ist spannend, aber mithilfe der freundlichen Marineros liegen wir bald in einer der wenigen Parklücken, zwischen hunderten Katamaranen.

Die Neuorientierung in einem unbekannten Hafen ist immer etwas schwierig. Wenn man technische Probleme hat wird’s auch nicht besser. Auf unsere vielen Fragen in holprigem Französisch erhalten wir endlose Antworten in fließendem Créole; die freundlich angefertigten Skizzen führen ausnahmslos auf weite Irrwege. Trotzdem finden wir Mechaniker, Landmaschinenhändler und sogar einen Spezialisten für Einspritzpumpen. Ergebnis derzeit noch unklar.

In den Wartezeiten fahren wir meilenweit mit dem Dinghi zum Schnorcheln auf den Riffen, zum Strand vom Club Méd und durch die Mangrovensümpfe, wo nach den letzten Stürmen viele Yachten “endgelagert” sind. Es ist viel los hier, am Wochende gibt’s eine Boatshow und ein großes Elektronik-Musikfestival, dessen horrende Eintrittspreise uns einen Besuch – sehr zu Uli’s Leidwesen – unmöglich machen.

Zwei Tage erkunden wir die Gegend per Mietwagen, wie immer eine Budget-Gewissensfrage, denn billige Busse gibt’s hier nicht. Man hat uns nicht zuviel versprochen: Traumstrände, Ruinen ehemaliger Plantagen, stilvolle Rum-Destillerien, Regenwald, Wasserfälle, Vulkane u.v.m. Interessant ist, dass vieles hier, teilweise mit zweistelligen Millionenbeträgen, EU-gefördert ist.

Ich möchte hier nicht falsch verstanden werden: ich bin ein strikter Gegner davon, alle solche Geldflüße, die nicht nach Österreich führen, sofort zu verdammen. Diese Solidarität, innerhalb und manchmal auch außerhalb der EU, ist ein wichtiger Teil des Gedankens der Gemeinschaft, und auch wenn einmal ein Wanderweg auf Dominica von Europa subventioniert wird, so ist das sicher sinnvolle Entwicklungshilfe. Fließen jedoch riesige Beträge in einem Land wie Martinique, mit seinem fast europäischen Standard, in die Modernisierung von Marinas oder den mehrspurigen Ausbau von Kreisverkehren, so glaubt man eher, dass Monsieur Sarkozy in Brüssel geschickt verhandelt hat. However…

Zur Zeit warten wir wieder einmal auf den Mechaniker, der die Einspritzpumpe einbauen und einstellen soll. Das kann ich einfach nicht. Sie war übrigens nicht das Problem. Wo der Fehler wirklich liegt, soll heute herausgefunden werden; die diesbezüglichen Theorien sind bestenfalls unklar. Der Mechaniker hat uns schon einmal versetzt und Uli’s Stimmung ist im Keller, denn die Marina ist teuer und in zwei Tagen spielt Monty Alexander beim Jazz-Festival von Saint Lucia….

Liebe Grüße
Uli & Peer