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Kein Resümee

…sondern ein vorübergehender Abschied von Freunden

 

Es ist einfach unmöglich, die Zeit in diesem Dreiländereck im Südwesten Europas in wenigen Sätzen zusammenzufassen. Besonders war jedenfalls, wie stark sich unser Eindruck von diesem Ort in den letzten acht Monaten verändert hat. Wenn wir an unsere Ankunft im letzten Herbst denken, an den Regen und Sturm, die vielen Unklarheiten, die unverständliche Sprache, die angebliche Hoffnungslosigkeit am Arbeitsmarkt  und die Gerüchte über hohe Kriminalität und dauernde Probleme zwischen Spaniern und Briten, so können wir das jetzt, da wir auf unvergeßliche Fahrten in Andalusien, auf die freundliche Aufnahme hier und auf soviele Begegnungen mit alten und neuen Freunden zurückblicken, kaum mehr nachvollziehen. Wie immer ist es gefährlich, vorschnell zu urteilen. Man muss etwas Geduld haben und jeder Gegend eine echte Chance geben.

Die anfänglich “patscherten” Marineros stellten sich als liebe, hilfsbereite Menschen heraus, der untypisch lange und kalte Winter wurde zu einem durchwachsenen mediterranen Dauerfrühling, viele andere Yachties wurden zu Freunden und das Land selbst hat uns fast jeden Tag aufs neue begeistert.

 

Arbeit – wenn auch meistens schlecht bezahlt – gab’s genug und Uli hat viele Freundschaften beim Sport, im Spanischkurs, beim Tanzen und beim Tratschen geschlossen und nebenbei noch tolle Bilder gemalt. Wir haben nette durchreisende Crews kennengelernt, der Bäcker fragte besorgt nach unserem Befinden, wenn wir morgens einmal kein frisches Brot geholt haben (das uns öfters von lieben Bootskollegen einfach kommentarlos aufs Deck gelegt wurde) und im Spital wurde mir langwierig, freundlich und kostenlos ein Splitter aus dem Aug entfernt.

 

Natürlich kann diese Zusammenfassung nicht vollständig sein. Ist auch gar nicht notwendig. Jedenfalls möchten wir uns für die Gastfreundschaft Spaniens bedanken, für die freundliche Aufnahme in der MARINA ALCAIDESA, für die Chance bei Eric und GATEWAY NAUTICA, bei Euch für die wunderbare gemeinsame Zeit während der zahlreichen Besuche und bei allen Yachties, mit denen wir hier so viele schöne Tage verbringen durften. Wir wünschen Euch “fair winds forever” und hoffen, uns bald wieder irgendwo zu treffen.

 

Wir bleiben in Kontakt

Uli & Peer

Ein Ende der Welt

…irgendwie auch heute noch

 

Um das Kapitel Mittelmeer schön langsam abzuschließen, möchten wir Euch gerne noch ein Stückchen aus dem schönen Buch “Die Enden der Welt” von Roger Willemsen (S. Fischer Verlag, ISBN 978-3-10-092104-8), das die Gegend so treffend beschreibt, vorlesen. Wenn’s zu lang ist, dann bitte einfach zuklappen. Das nächste Mal gibt’s wieder Fotos. Versprochen!

Non plus ultra, “Nicht darüber hinaus”, lautet die Inschrift, die sich auf den Säulen des Herkules befinden soll, von ihm selbst dort angebracht. Die eine der beiden Säulen steht der Legende zufolge auf dem Felsen von Gibraltar, die andere auf dem Berg Dschebel Musa in Marokko. Andere Quellen nennen den Monte Hacho bei der spanischen Enklave Ceuta in Nordafrika als Standort der zweiten Säule. Aber das ist nicht wichtig. Wichtig ist: Die Griechen hielten diese Meerenge für ein von Herkules durch zwei Säulen markiertes Ende der Welt.

Die beiden Säulen tragen vermeintlich den Himmel. Aber was heißt das schon? “Wenn jemand meinte, die Bäume seien dazu da, um den Himmel zu stützen”, steht bei Grillparzer, “dann müssten sie ihm alle zu kurz vorkommen.” Die Säulen des Herkules finden auch in einer Pindar-Ode Erwähnung, und im Buch Hiob, wo Gott dem Meer seine Grenzen auferlegt, heißt es: “Bis hierher sollst du kommen und nicht weiter/hier sollen sich legen deine stolzen Wellen.”

Christa kannte sich nach allen Recherchen zu den Weltuntergangspropheten gut mit den Mythen von den Grenzen der Welt aus. “Platon siedelt sein Atlantis jenseits der Säulen an”, sagt sie, “vielleicht, um so ihren mythischen Charakter zu unterstreichen.”

“Es gab aber auch Autoren, die die Säulen in Friesland, sogar auf Helgoland vermuteten. Im Wappen Spaniens tauchen sie auf, und selbst die beiden Vertikal-Striche im Dollarzeichen – ursprünglich ein spanisches Goldgewichtszeichen – sollen auf die Säulen zurückgehen.”

“Aber wenn man sagt: Bis hierher und nicht weiter”, wandte Christa ein, “hat man zwar eine Grenze gesetzt, doch zugleich alle Aufmerksamkeit auf das konzentriert, was hinter dieser Grenze liegen könnte. Eigentlich hat man damit ihre Überschreitung vorstellbar gemacht, oder?”

“Man hat die Phantasie sogar magisch auf diesen Akt der Überschreitung verpflichtet. Nacheinander wurde Sokrates, Tertullian und Epikur die Maxime zugeschrieben: ‘Quae supra nos, nihil ad nos: Was über unser Erkenntnisvermögen hinausgeht, hat keine Bedeutung für uns.’ ”

“Damit wäre die geographische Grenze der erkennbaren Welt zugleich eine Grenze des Erkennens.”

“Eine Grenze der Neugier”, sage ich.

Wir hatten es nicht mehr weit bis Gibraltar und dann bis zur Überfahrt nach Tanger, in die vielstimmige, vielgesichtige Vielvölkerstadt. Doch der Abend kam so rosa über die südspanische Provinz, dass wir uns nicht lassen konnten und noch einmal ausstiegen. Das war am fünften Tag. Das Hotel, ein alter Postgasthof mit Fachwerk auf der Fassade und schweren dunklen Balken im Zimmer, lag an der Stirnseite des Marktplatzes. Ich lehnte mich aus dem Fenster. Eine Frau auf dem Platz fiel mir auf. Erst wusste ich nicht, warum, dann wusste ich es plötzlich: Sie war die Einzige, die flanierte.

Am nächsten Mittag stehen wir auf dem Felsen von Gibraltar, in Sichtweite des afrikanischen Kontinents. Der kleine Ort hier, der einmal von Fischern, Einzellern und Paarhufern besessen wurde, gehört heute der Schicksalsgemeinschaft internationaler Tagestouristen und besteht aus Andenken mit Meerblick. Das Andenken ist ein billiger Bodendecker und hat die Kuppe des Hügels inzwischen so vollkommen überzogen, dass zwischen lackiertem Plastik, buntem Blech und geflochtenem Folklore-Geflügel nur ganz selten der frühere Kalksteinboden aufblitzt. Der zu bestaunen wäre. Aber schon das Meer, das gegen die Andenken brandet, trägt wieder die trübe Farbe einer Sofastickerei.

Nach Gibraltar reisen Menschen aus aller Welt, um auf der Ostseite gegen Eintrittsgeld ein Naturschutzgebiet zu betreten und auf der Westseite Souvenirs abzubauen. Anschließend überlassen sie sich gern der immergleichen menschlichen Materialermüdung, die sich auf einem Stuhl vor dem Meer manifestieren kann. Und während der apokalyptische Reiter der Langeweile am wolkenlosen Himmel heraufzieht und in den Großküchen die Magen-Darm-Verstimmung zu tausendfachem Leben erweckt wird, schleicht sich der Tourist hinaus, um sich ein Souvenir zuzulegen, das ihn an nichts erinnern wird als an den Kauf dieses einen Souvenirs, ein Schiffchen mit dem Namenszug des Käufers, eine Flickenpuppe in Nationaltracht, ein plüschgeborenes Berberäffchen oder ein aufziehbarer Torero, der sich über den Boden bewegt wie die wandelnde Darmträgheit. Ja, Gibraltar ist ein Ort, an dem die Souvenirs an sich selbst erinnern oder an die missglückten Versuche zu verschwinden.

Im strahlenden Mittagslicht stehen wir also wirklich auf dem legendären Felsen, blicken auf den bloß ein paar Kilometer entfernten Streifen Afrika, in das Jenseits des Nonplusultra, und empfinden unsere Freiheit. Der antike Mensch durfte sich hier nicht weiterwagen. Eine Grenze wurde gezogen, ein Verbot aufgerichtet vor dem fast sündhaften Begehren, das Unbetretene zu betreten. Mehr noch, eine Warnung wurde ausgesprochen vor dem kühnen Ehrgeiz, das begleitende Risiko schultern zu wollen. Immerhin konnten ja jenseits dieser Grenze ungeahnte Kategorien des Gefährlichen liegen.

In diesem Augenblick fühlte es sich an, als käme meine Reise, die in Tokio ihren Ausgang genommen hatte, an ihr Ziel. Doch dieses hatte sich gewandelt, nicht unähnlich jener Veränderung, die auch das historische Reisen erfahren hat: Ehemals wurde die Neugierde charakterisiert durch den zwecklosen Erkenntniswillen, den Drang, einer Witterung zu folgen, ohne recht zu wissen, wovon er geleitet wird. Es war die souveräne Bewegung des Fragenden. Souverän war sie, erlaubte sie doch selbst das In-die-Irre-Gehen dieses Fragenden. Gerade an dieser Grenze zur verbotenen, zur unbekannten Welt muss sich also die Wissbegierde stimuliert haben. Der Reisende muss neben allen anderen Gefahren auch die Skepsis gegenüber der Anhäufung des Nutzlosen überwinden. Die Neugier findet ja immer auch dies. Vom eigenen Ich muss sie sich ab-, der Welt muss sie sich zuwenden und weiß nicht einmal, was sie finden wird. Trotzdem kann es geschehen, dass sie schließlich den Horizont erweitert, so wie die Seefahrt und Astronomie es vorgemacht haben.

Ich erinnere mich, auf dem Titelblatt einer Schrift von Francis Bacon das Schiff des Odysseus hinter den Säulen des Herkules gesehen zu haben. Odysseus, der bei Dante auf der untersten Stufe des Infernos zu finden ist und als Einziger nicht bereut, kreuzt als Symbolfigur der Neugier jenseits der Grenzen der bekannten Welt.

“Faszinierend, oder?”

“Aber damit ist die Grenze des Nonplusultra doch schon überwunden”, widersprach Christa.

“Genau, und deshalb lautete die Devise von Karl V. auch Plus ultra! Und das, seit klar war, dass das Nonplusultra eben nicht das Ende der geographischen Welt bedeutete. Also: Plus ultra!” rief ich noch und schnalzte mit der Zunge.

“Dann ist dies jetzt der richtige Augenblick, dir zu sagen, dass ich hier umkehren werde” antwortete sie und betrachtete mein verblüfftes Gesicht wie ein Exponat.

“Hat sich Deine Neugier erschöpft?”

“Du hast sie erschöpft. Aber nimm’s nicht persönlich.”

Stunden später nahm sie den Zug nach Madrid, wo sie bei Freunden übernachten konnte. Ich brachte sie zum Gleis, wo wir uns zum Abschied tapfer auf den Mund küssten, um nicht gutmütig zu enden. Am nächsten Tag ließ ich die Säulen des Herkules hinter mir, erreichte Tanger und betrat ganz allein die jenseitige Welt. Aber erst, als im Aufzug des Hotels Julio Iglesias zu singen anfing, spürte ich eine Traurigkeit aufsteigen. Es gibt kein Nonplusultra. Man kann die bekannte Welt nicht verlassen.

Also bis morgen dann und liebe Grüße

Uli & Peer

 

 

Maurische Paläste und Schilifte

…Granada muß man wirklich gesehen haben!

 

Wir haben es uns fest vorgenommen und schließlich, trotz letzter Vorbereitungen für die baldige Abreise, auch tatsächlich noch geschafft: einen Ausflug in die sagenumwobene Stadt Granada, am Fuße der 3000 Meter hohen Gipfel der Sierra Nevada. Rund 350 Km von La Linea, über nagelneue, kaum befahrene Autobahnen, durch wunderbares Hügelland mit endlosen Reihen von Olivenbäumen, gelangen wir zu dieser phantastischen Stadt. Eine Besichtigung der Alhambra muss im Vorhinein online gebucht werden, sonst hat man keine Chance, gemeinsam mit tausenden Besuchern aus aller Welt die Nazridenpaläste zu erleben.

Trotzem – es ist den Aufwand mehr als Wert! Unglaublich, mit wieviel Sinn für Ästethik hier in der klaren Bergluft von maurischen Herrschern bereits vor mehr als tausend Jahren eine riesige Palastanlage errichtet worden ist, mit welchem Geschick und welch grandioser Baukunst. Schwer vorstellbar, dass das Land nach Ablöse der arabischen Fürsten durch die “allerkatholischsten” Eroberer praktisch wieder in die Steinzeit zurückgeworfen wurde. Nach einer jahrhundertelangen Epoche von (vermutlich einigermaßen) friedlichem Zusammenleben von Christen, Juden und Moslems, mit funktionierenden Strukturen, Schulen und intakter Wirtschaft folgte in Andalusien eine lange Ära von Vertreibungen, Intoleranz und schließlich der Inquisition. Toll!

 

 

Nach dem langen Hatscher durch das riesige Alhambra-Gelände erlebten wir in der Altstadt ein buntes, lärmendes Volksfest mit einem echten Kasperltheater und einem Holzkarussell für die Kinder und vielen eleganten Damen in Flamenco-Tracht.

 

 

Dann haben wir uns ausnahmsweise eine Nacht in einem besseren Hotel gegönnt, von dessen Dachterrasse mit Pool man die ganze Stadt und die schneebedeckten Gipfel dahinter sehe konnte.

Der Ausflug war ein würdiger Abschluß unserer sieben Monate hier in Andalusien. Solltet Ihr also einmal in der Nähe sein….

Alles Liebe und bis gleich

Uli & Peer

 

Hi everybody!

….long time no hear!

 

Auch wenn wir in der Zwischenzeit schon ein schönes Stück weiter sind, so möchten wir die Chronologie doch einigermaßen erhalten. Wundert Euch also bitte nicht, wenn in den nächsten Tagen ein paar Berichte kommen, die eigentlich schon überholt sind.

Wie geht’s Euch denn überhaupt?

 

Bis gleich und liebe Grüße

Uli & Peer

Girl’s Power

…für Eingeweihte auch “Santa Maria!!!”

Das Einzige, was bei unserem sogenannten Aussteigerleben wirklich fehlt, ist manchmal der Kontakt zu unseren “alten” FreundInnen von zu Hause. Gottseidank gibt es einige Mutige, die weder Kosten noch Mühen scheuen: Margit, Magdalena und Susi setzen sich kurzerhand in den Flieger, um uns zu besuchen. Das Lachen fängt nach der Paßkontrolle in Malaga an und hört in dieser Woche auch nicht mehr auf, obwohl das Wetter nicht sommerlich ist. Die Mädl’s werfen sich in die gefütterten Goretex-Winterbikinis und legen sich trotzdem an den Strand.

Immer wieder ernte ich (Peer) neidvolle Blicke von anderen Skippern, ob dieser hübschen Crew. Keine Rede von Tussis! Pflegeleicht, immer gut drauf – zum Pferdestehlen! Gerne bin ich der Chauffeur von dieser charmanten Truppe.

Margit liebt Spanien in allen Facetten, ist für alle neuen Erfahrungen offen und läßt sich vom magischen Ort Ronda verzaubern; Magdalena macht endlich etwas Urlaub von der vielen Arbeit mit Ihren Patienten zu Hause (zum kanadischen Yachty Dave sagt sie: my second name is “Salsa”) und trägt durch ihre unkomplizierte, nette Art viel zum Gelingen dieser Reise bei, und Susi, als ewig geforderte Managerin, spannt ausnahmsweise auch einmal aus, läßt sich auch mal verwöhnen und erledigt die nötigsten Telefonate nebenbei. Trotz anfänglicher Bedenken stimmt sie dann einem Ausflug nach Tanger zu, wo die Mädchen die dortige Altstadt unsicher machen. Angeblich redet halb Marokko noch heute über diese vier Damen in den Schuhgeschäften.

 

 

Unserem kubanischen Barkeeper Carlos war es ein Vergnügen, sich über den Stand der österreichischen Salsa-Kenntnisse zu informieren. Segeln stand wetterbedingt (wir hätten Euch gerne ein paar Delphine gezeigt) leider nicht im Vordergrund. Eher der Hüttenzauber mit teilweise emotionalen Kartenspielen und langen Gesprächen über Gott und die Welt. Wir rufen Euch aber sofort an, sollte es einmal Plusgrade und weniger als 30 Knoten Wind geben.

Solche gemeinsamen Tage sind einfach notwendig!

Bis bald, wir bleiben in Kontakt

Uli & Peer