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November, 2012:

Kanarische Inseln?

…na, nie und nimmer!

 

Cadiz ist eine geschäftige Hafenstadt an der Südwestküste Spaniens, von der einst Kolumbus mit seiner kleinen Flotte (Santa Maria, Pinta und Nina) nach Westindien aufgebrochen ist; in unserer Marina “Puerto Sherry”, benannt nach dem ehemaligen Weinverladehafen mit Stierkampfarena, historischen Lagerhäusern und hübscher Altstadt, liegt ein Nachbau der “Santa Maria”. Originalgetreu und vergleichsweise winzig. Unvorstellbar, unter welchen Bedingungen die Mannschaft samt Vorräten und sogar einigen Tieren damals auf ihr gehaust haben muss!

 

Hier kommen unsere Freunde Dagi, Charly, Friedrich und Rainer an Bord, hochmotiviert und voller Tatendrang.

Anders als seinerzeit Kolumbus wollen wir nicht ins Ungewisse fahren, sondern checken sorgfältig die Wetterberichte für die rund 550 Meilen lange Überfahrt auf die Kanaren. Nachdem sich alle eingerichtet haben verbringen wir noch einen Tag mit Einsegeln in der  großen Bucht, um uns mit VOODOOCHILE vetraut zu machen. Sie verhält sich artig und läuft zur Begrüßung mit fast 10 Knoten durch die moderate Dünung.

Da das Wetter nur für zwei Tage günstig sein soll, ist unser “Plan B”, eventuell unterwegs die Stadt Rabat in Marokko anzulaufen, um dort die weitere Entwicklung abzuwarten. Wir bunkern Wasser, Lebensmittel und Diesel für zehn Tage und laufen in der Abenddämmerung aus. Gleich in der ersten Nacht bläst es mit gut 25 Knoten aus Gibraltar heraus und wir sind sehr schnell. Dagi und Charly, als eingespieltes Team, steuern das Boot mit stoischer Ruhe und hoher Fahrt durch die Nacht; Rainer und Friedrich, die schon in Schottland gemeinsam gesegelt sind, sind mit solchen Verhältnissen vertraut. Der nächste Morgen erwartet uns mit Kabbelsee, umlaufendem Schwachwind und leider auch Gegenstrom. Wir kreuzen so gut es geht, müssen schließlich aber doch den Motor starten. Gegen Abend basteln wir uns in der Flaute – das nächste Tief ist schon im Anmarsch – durch die halbe marokkanische Fangflotte. Rundum Wetterleuchten und nahende Gewitter. Der Stop in Rabat wird beschlossen, aber hier, im Fluß Bouregreg, kann man nur bei Hochwasser einlaufen. Wir sind sechs Stunden zu früh und laufen daher nochmals für einige Zeit aufs Meer hinaus und wieder zurück. Das Leuchtfeuer ist außer Betrieb, aber wir finden die Einfahrt trotzdem, funken die Lotsen herbei (hier üblich und notwendig) und surfen hinter ihnen auf der hohen Dünung zwischen den gewaltigen Breakwaters in den Fluß hinein, wobei nur wenige Meter neben dem Boot in den Wellentälern die Steine herausschauen. Extrem spannend!

Das Einklarieren in Marokko dauert seine Zeit (glücklicherweise hat Rainer in Cadiz noch eine marokkanische Flagge gekauft), aber die Beamten sind sehr freundlich und irgendwann liegen wir dann doch am Steg dieses modernen Hafens. Auch mehrere andere Fahrtenyachten warten hier auf besseres Wetter für die Weiterfahrt. Für alle wird die Teilnahme am beliebten “Wetterquiz” zur täglichen Routine: Passageweather, Wetteronline, US-Gribfiles, El Tiempo, Windguru…? Selbst der Durchschnitt von allen gibt wenig Hoffnung, denn der Hurricane “Sandy” sendet, wie auch schon seine Vorgänger, alle drei Tage ein Teiltief nach Osten, und gegen 30 Knoten und mehr wollen wir sicher nicht kreuzen.

Ein paar Tage können wir ja noch zuwarten und erkunden daher die Medina von Rabat und jene von Salé, wo derzeit wegen eines hohen Feiertages hunderte Schafe geschlachtet werden und deren Überreste auf den Straßen liegenbleiben. Um den unerwarteten Ausflug in den Orient zu nutzen, macht die Crew per Bahn einen Ausflug in eine weitere Königsstadt: nach Fes.

 

Das sehnlichst erwartete Azorenhoch will aber nicht kommen und der dauernde Südwest- und Südwind macht es jetzt höchst unwahrscheinlich, rechtzeitig zu den Heimflugterminen nach Teneriffa zu kommen. Es muss also der ungeliebte Entschluß, nach Festlandspanien zurückzukehren, gefaßt werden. Trotz der Tatsache, dass wir das geplante Ziel nicht erreichen werden, und dass es ärgerliche Umbuchungen der Heimreise verlangt, trägts die Crew mit Fassung und bleibt guter Dinge. Vielen Dank an Euch, dass Ihr soviel Verständnis für die Eigenheiten des Fahrtensegelns gezeigt habt! Die Sicherheit geht halt vor. Die Regenstunden wettern wir mit Musik, Lesen und Astronavigation ab.

 

Wir verabschieden uns von unseren lieben schweizer Stegnachbarn Marlies und Oliver, klarieren aus und fahren hinter den Lotsen in den üblichen Regenschauern wieder hinaus aufs Meer. Im Fluß treffen wir noch unsere Freunde von der “Creuza di Mä”, die gerade eingelaufen sind – es wird heftig gewinkt; auch viele marokkanische Fischer und etliche Yachties winken. Diese Community!

Der Plan ist, zuerst Gibraltar zu besichtigen und dann möglichst wieder nach Cadiz zurückzufahren, aber aus den vereinbarten 15 Knoten Wind werden wieder einmal 30. A scho wurscht! VOODOOCHILE zieht bei 8 bis 9 Knoten Speed das Leedeck durchs Wasser. Am zweiten Tag müssen wir dann schließlich abfallen. Gibraltar wird verschoben und wir laufen erst einmal Barbate an, um etwas auszuruhen. Dieser Ort bietet – wie schon im Hafenhandbuch erwähnt – außer einem Spazierweg durch einen Pinienwald und Dauerregen “genau gar nichts”. Wir berechnen daher die Strömung in der Straße von Gibraltar voraus, checken wieder einmal unsinnigerweise den Wetterbericht, und machen uns so bald wie möglich davon; bei Riesendünung und Totenflaute. Die Stromberechnung war aber richtig und bei später aufkommendem Wind laufen wir mit 11 Knoten über Grund vorbei an Tarifa nach Osten. Die Ansteuerung von La Linea in der Bucht von Gibraltar ist wie immer sehr spannend. Es herrscht unglaublicher Schiffsverkehr. Bei Einbruch der Dunkelheit machen wir in der Marina Alcaidesa fest.

Am nächsten Tag gibt’s eine geführte “Rock Tour” auf den berühmten britischen Affenfelsen und hinein in dessen tolle Höhlen; außerdem einen Einkaufsbummel und endlich britisches Essen! Eigenartig, zu Fuß über die Grenze und dann auch über die Rollbahn des Flughafens gehen zu müssen.

 

In der Folge habe ich wahrscheinlich zu lange mit der Entscheidung, die Reise hier enden zu lassen, zugewartet. Gerne hätte ich der Crew die Möglichkeit gegeben, die 80 Meilen nach Cadiz noch zurückzusegeln, aber aufgrund der zu erwartenden Wetterkapriolen wollte ich schließlich doch nicht riskieren, am Ende dort doch noch zu spät anzukommen und die Heimflüge womöglich ein zweites Mal umbuchen zu müssen. Wir machen noch einen Tag lang Hafenmanöver, was mit einem 30 tonnen schweren Langkieler doch eine neue Erfahrung für alle ist. Dann wird zum letzten Mal an Bord gekocht, denn der geplante Restaurantbesuch wird uns wieder von einem Regenschauer vermasselt.

Trotz Themenverfehlung war es eine wunderbare Reise und ich danke – auch im Namen von Uli – der großartigen Crew – für das Verständnis, “the sound seamanship” und die nette Gesellschaft. Wir bleiben in Kontakt!

Liebe Grüße an alle

Peer

Durchs Nadelöhr

ins “Meer für Erwachsene”…

 

In aller Früh laufen wir aus, denn der Wetterbericht ist ausnahmsweise wirklich günstig. Für die Straße von Gibraltar ist das ganz wesentlich, den bei stärkerem Gegenwind gibt’s hier kein Durchkommen. Unmerklich ist es Herbst geworden, das Thermometer zeigt nur mehr 14° an; noch vor kurzer Zeit haben wir tagsüber ziemlich geschwitzt und uns immer auf die Abenddämmerung gefreut. Damit ist’s, wahrscheinlich für den Rest des Jahres, jetzt vorbei. Kaum zu glauben, wie schnell dieser Sommer wieder vorübergegangen ist.

Wir segeln auf Raumschotkurs (wie oft war das eigentlich in den letzten Wochen der Fall?) und reden über die Zukunft. Soviel ist noch unklar! Fest steht nur, dass wir viel Geduld brauchen werden und stark im Improvisieren sein müssen. Uli denkt an ihre kurze Heimreise von Cadiz und wir beide freuen uns auf den geplanten Besuch unserer Kinder im Jänner auf den Kanaren.

Gerne hätte ich Uli Gibraltar gezeigt, das ich von früheren Fahrten kenne und sehr schätze. Dafür ist diesmal keine Zeit, aber man soll nie “nie” sagen. Im letzten Tageslicht sehen wir “The Rock” aber wenigstens von See aus, obwohl wir wegen dem immer dichter werdenden Schiffsverkehr und den vielen auf Reede liegenden Frachtern sehr konzentriert bleiben müssen. Vor der “Bay of Gib” warten große Schiffe auf ihre Lotsen (Gibraltar wird von der Großschiffahrt bevorzugt angelaufen, da es steuergünstig ist, die Liegekosten niedrig sind und vor allem der Treibstoff hier sehr wenig kostet), Schnellfähren queren die 14 Seemeilen zwischen Afrika und Europa im Höllentempo, und die endlose Kette von Schiffen, die in den Atlantik wollen oder von dort kommen, reißt niemals ab. Dazu frischt der Wind auf 20 Knoten auf und schiebt uns zusammen mit starkem achterlichen Strom (eher durch Zufall, als aufgrund unserer Vorausberechnung) sehr rasch an Tarifa vorbei ins große Meer. Schade, dass es eine stockfinstere Neumondnacht ist.

Um 0300 runden wir das berühmte Kap Trafalgar und die See wird wegen der geringen Wassertiefe grob und konfus. Aufgrund der zahlreichen Untiefen sind wir gezwungen, weit nach Westen aufs offene Meer auszuweichen, was nicht so einfach ist, da wir die Richtung der großen Wellen beachten müssen, um überhaupt Kurs halten zu können. Uli steht mit einer Miene wie seinerzeit Admiral Nelson am Ruder, singt laut zur Musik aus dem Ipod und ignoriert die manchmal brechenden Seen. In Wirklichkeit sind wir einfach nur müde und ziemlich erleichtert, als sich das Ganze am Morgen deutlich beruhigt. Am Vortag haben wir am Funk die üblichen “Navigational Warnings”, in denen von möglichen Schießübungen der Marine in der Bucht von Cadiz die Rede war, zwar gehört, aber nicht genau verstanden. Deshalb funken wir Cadiz-Traffic an, um das zu verifizieren. Man empfiehlt uns freundlich, uns nahe der Küste zu halten (wollen die über unsere Köpfe schießen???), und verspricht, uns im Notfall anzufunken. Naja!

Gegen Mittag kommen wir in Cadiz an. In der vereinbarten Flußmarina “Santa Maria” weist man uns wegen Bauarbeiten ab und wir übersiedeln in den Hafen “Puerto Sherry”, wo wir nach den üblichen Formalitäten gut festmachen und dann sofort einschlafen. Heute ist Mittwoch, der 17.Oktober.

 

Wir sind jetzt – mit kürzeren Unterbrechungen – seit fast fünf Monaten unterwegs und VOODOOCHILE hat dabei fast 2.500 Meilen geloggt. Wir haben viel erlebt, das Meiste davon wirklich schön, viel über uns und unser Boot gelernt und sind uns auf neue Art nähergekommen. An Vielem sind wir aber leider vorbeigefahren! Unser Terminplan war einfach nicht realistisch, wir möchten aber keinen Moment dieser “Raserei” missen.

Uli bleibt gerade noch ein Tag zum Einkaufen und Bootputzen, dann sitzt sie schon im Bus nach Malaga, von wo aus sie nach Graz fliegen muss.

Jetzt beginnt ein ganz neuer Abschnitt

Liebe Grüße an alle

Uli & Peer

Andalusia

die “Costa del PVC” ist trotz allem wunderbar…

 

Gegen Mittag laufen wir bei Flaute von Cartagena aus. Der große Unterschied zwischen den synthetischen, modernen Welten hier, für die im Moment niemand Verwendung hat, und andererseits der Geschichtsträchtigkeit einiger Orte an Spaniens Südküste, stimmt etwas nachdenklich. Dieser Eindruck ändert sich auch nicht, als ein schnelles Schlauchboot der Küstenwache längsseits kommt, um uns zu kontrollieren. Die Beamten verabschieden sich freundlich, nachdem wir uns als Mitglieder eines Bergvolkes geoutet und daher bestimmt zu wenig Erfahrung haben, um uns als Schmuggler oder Schlepper zu betätigen. Sie haben hier sicher keinen leichten Job und auch heute gibt’s wieder Aufrufe am Funk, nach Flüchtlichsbooten Ausschau zu halten. Was können sich die Afrikaner hier eigentlich erwarten? Unterbezahlte Schwarzarbeit unter den viele Kilometer langen Plastikplanen der EU-gestützten Gemüseindustrie? Die Gegend ist eine wildromantische Halbwüste, der nur mit Hydrokultur, die sich das wenige Wasser mit den verwaisten Golfplätzen teilen muss, und mit viel Chemie beizukommen ist.

Am Nachmittag kommt etwas Südwestwind auf und wir setzen Segel. Dies hält jedoch nicht lange an. Unsere Strategie, die häufigen Gegenwinde zu vermeiden, hat ihren Preis: Flaute und Motor, jetzt als “Ausgleich” auch dichten Nebel! In der Nacht hören wir das Schnaufen der Delphine mehr als dass wir sie sehen können. Wir halten angestrengt Ausschau nach den vielen Trawlern, die nach Passieren des Cabo de Gato kreuz und quer den Meeresboden abgrasen.

In der Früh wird’s besser und wir sind froh, beim Ansteuern durch die flachen Gewässer von Almerimar doch recht gute Sicht zu haben. Man empfängt uns freundlich und das – in Spanien überall erforderliche – Einklarieren ist schnell erledigt. Wie immer steht Uli bei Hafenmanövern am Ruder und redet unserer eigensinnigen VOODOOCHILE gut zu, doch irgendwie in die Box zu fahren. Bei Seitenwind gehen wir halt mit dem Bug voran an die Murings, was auch den Vorteil von mehr Privatsphäre im Cockpit hat.

Almerimar ist ein großer, relativ neuer Sportboothafen, umgeben von einer Unzahl von Appartmentanlagen und Lokalen, der bei Fahrtenseglern wegen seiner guten Infrastruktur und den moderaten Preisen sehr beliebt ist. Manch einer überwintert hier und bastelt am Boot. Letztlich ist es hier aber, trotz der schönen Landschaftskulisse im Hintergrund, doch etwas trostlos, vielleicht auch saisonbedingt. Auf mehr als der Hälfte der Immobilien und Boote hängt das obligatorische Schild “se vende”. Kaum vorstellbar, was mit all diesen ehemaligen Träumen einmal geschehen soll. Man erzählt uns, dass Bauträger all die Wohnanlagen gebaut und an Privatpersonen als Geldanlage mit hoher Rendite verkauft haben, was auch ein paar Jahre lang gut gegangen ist. Nun ist aber der Markt zusammengebrochen, die Wohnungen sind unverkäuflich und an Banken verpfändet, denen ihrerseits die Kriegskasse ausgeht. Sollten diese Leichen jemals aus dem Keller geholt werden müssen, dann wird jeder “Rettungsschirm” vermutlch zu klein sein…

Wir lassen unseren betagten und störrischen Außenborder reparieren und kaufen endlich eine sogenannte EPIRB-Boje, ein Satellitensystem, das im Fall der Fälle auch auf hoher See Hilfe herbeiholen soll. Diese wird in England zentral registriert und bei Aktivierung können wir identifiziert, Hubschrauber und Schiffe losgeschickt und unsere Kinder verständigt werden. Eigentlich wollen wir das nicht fertig denken, sondern tratschen lieber mit Antje und Jürgen von der “Hanta Yo”, einem sehr netten deutschen Pärchen, das mit seinem kleinen Boot auf großer Fahrt ist.

 

Der Forecast sagt weiterhin “Nasenwind” an, aber wir müssen trotzdem irgendwie nach Westen weiter. Geliebtes Terminsegeln! Also raus ins bockige Wasser. Anfangs kreuzen wir auch recht erfolgreich gegenan mit Kurs nach Motril, gegen Abend wird der Wind aber deutlich stärker und wir machen kaum noch Fahrt aufs Ziel. Schließlich haben wir genug und laufen den Hafen von Adra an, über den wir in unseren Unterlagen kaum Informationen finden. Statt des angekündigten kleinen Fischerhafens mit Ankermöglichkeit finden wir eine nagelneue Marina mit Schwimmstegen vor, die offensichtlich nie fertig gebaut wurde, und nun lediglich von einem Mövenschwarm und zwei Fahrtenbooten besetzt ist. Ein Beamter empfängt uns herzlich, checkt unsere Papiere und läßt uns dann gratis bleiben!

 

Heute praktisch eine Wiederholung von gestern: auslaufen bei Flaute, am Vormittag Gegenwind und kreuzen, gegen Abend fünf Beaufort aus WSW, in den Böen auch mehr. Unter innerlichem Protest laufen wir Marina del’Este an, ein kleiner, exklusiver Hafen, der sich deutlich von den vorangegangenen Plätzen unterscheidet. Ein bisschen “Reich & Schön”, aber immerhin teilweise bewohnt. In einer kleinen, malerischen Bucht unter der Steilküste, mit hübschen Villen und gräßlichen Terrassenwohnungen rundum, findet man hier trotz heftiger Fallböen ein geschütztes Plätzchen, das allerdings seinen Preis hat und deshalb für uns nicht wirklich eine Option ist. Wir erklimmen den Berg mit dem großen Leuchtturm, bestaunen die vielen tollen Gärten und lernen die nette britische Crew der “Sirius” kennen, die mit ihren Kindern unterwegs ist und auch auf günstigeren Wind wartet.

 

Es wird Zeit, durch die Straße von Gibraltar in den Atlantik zu gehen.

Also auf!

Liebe Grüße an alle

Uli & Peer

U-Boote und Amphitheater

Cartagena, wunderschön und etwas bedrückend…

 

Wir schreiben den 6. Oktober 2012. Beim zweiten Anlauf – die Zugbrücke war defekt – laufen wir bei wenig Wind und großer Restdünung aus der Kunstwelt des Mar Menor aus und runden nach zwei Stunden das Cabo Palos, die Südost-Ecke der Iberischen Halbinsel. Wie immer besteht Uli aufs Segeln und wir kreuzen friedlich bei schönem Wetter nach Westen. Gar nicht friedlich ist ein Pan-Pan-Ruf (Vorstufe zum Notruf) eines afrikanischen Flüchtlichssbootes. Solche Funkrufe erreichen uns im Alboran-Meer praktisch jeden Tag und lassen die Dramen erahnen, die sich hier seit Jahren abspielen. Die Coast-Guard kümmert sich nicht um Politik, sondern rettet ganz einfach nur Menschen in Not – man sollte öfter daran denken. Willkommen im richtigen Leben!

In der Abenddämmerung, kurz vor dem Einlaufen in den großartigen Naturhafen von Cartagena, sieht Uli noch einen großen Wal. Welch wilde Szenenwechsel! Zwischen Kreuzfahrtschiffen, Frachtern und Industrieanlagen erreichen wir die Marina, neben der man ein Kongreßzentrum und ein Museumsquartier errichtet hat. Die Marineros sind wie gewohnt freundlich und hilfsbereit.

 

Am nächsten Tag schauen wir uns die Stadt an: Prachtbauten entlang der Einkaufsstraßen, Balkone in allen Farben und Designs, Denkmal zu Ehren von Maria Theresia, interessante Skulpturen, gegen den Terrorismus oder aus rein ästethischen Gründen, der örtliche “Schloßberg” mit der großen Festungsanlage, ein römisches Amphitheater zwischen Abbruchhäusern und ein modernes für Konzerte, diverse Museen und die düstere Allgegenwart von militärischer Geschichte und Präsenz. Hier wurde, aus spanischer Sicht, das erste U-Boot gebaut, und Cartagena ist auch heute noch Stützpunkt der spanischen U-Boot-Flotte. Die großen Werftanlagen weisen darauf hin. Natürlich hat sich diese geschützte Bucht seit jeher als Hafen angeboten, aber trotzdem ist es erstaunlich, wieviele Ressourcen die Menschen zu Verfügung stellen, wenn es um Imperialismus und um Kriege geht.

Einen ziemlichen Kontrast bilden die Flaniermeile am Hafen und das Ultramoderne Kongreßhaus, das abends als Cocktail-Location dient. Wären nicht die vielen Leute in löchrigen Jogging-Anzügen, mit Plastiksackerln vom “Lidl” unterm Arm, so könnte man meinen, alles wäre in Ordnung.

In der kurzen Zeit kann dieses Urteil nur oberflächlich sein, aber wir müssen leider wieder weiter.

 

Liebe Grüße an alle

Uli & Peer